Ukraine-Offensive

Experten: DANN kommt Putins große Rache

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Derzeit wartet Putin noch auf eine Reaktion auf Kiews Offensive in Russland 

Scharfe Worte oder Drohungen gegenüber der Ukraine sind von Wladimir Putin derzeit nicht zu hören: Der Kreml-Chef spielt die ukrainische Offensive in der russischen Grenzregion Kursk - der größte Angriff auf russischem Gebiet seit dem Zweiten Weltkrieg - bisher einfach als "Entwicklung" des Konflikts herunter. Experten rechnen jedoch später mit Putins "Rache":

"Die Lage hat sich entwickelt": So beschrieb Putin bis dato den überraschenden Vormarsch der ukrainischen Armee seit dem 6. August in der russischen Region Kursk, wo die Ukrainer nach eigenen Angaben inzwischen 92 Ortschaften und mehr als 1.000 Quadratkilometer kontrollieren. "Das ist seine übliche Reaktion in solchen Situationen", erklärt die russische Politikwissenschafterin Ekaterina Schulmann mit Blick auf die schlechten Nachrichten für den Kreml. "Er verschwindet, bis sich die Situation beruhigt hat, und tut dann so, als wäre alles normal."

Humanitäre Situation

Seine bisher schärfste Reaktion auf den ukrainischen Angriff brachte Putin an unerwarteter Stelle vor - vor drei Müttern, die ihre Kinder 2004 bei einem islamistischen Anschlag auf eine Schule in Beslan im Nordkaukasus verloren haben. Bei einem Besuch anlässlich des Jahrestags des Anschlags verglich er die ukrainischen Truppen mit den islamistischen Angreifern und versprach, "diese Kriminellen zu besiegen".

Im russischen Staatsfernsehen überwiegen indes die Berichte über die humanitäre Situation in Kursk. Die Fernsehbilder zeigen Menschen, die aus ihren Häusern evakuiert werden, sowie die freiwilligen Helfer. Ärger über das schnelle Vorrücken der ukrainischen Truppen oder Kritik an der langsamen Reaktion der russischen Armee gebe es kaum, erklärt der Leiter des Forschungszentrums Carnegie Russland-Eurasien in Berlin, Alexander Gabuew.

Kreml überlegt Möglichkeiten

Nach 30 Monaten Krieg gegen die Ukraine hat sich die russische Bevölkerung nach Einschätzung von Experten an Berichte über Gewinne und Verluste ihrer Streitkräfte gewöhnt. Trotzdem sei der Angriff auf russisches Gebiet "schmerzhaft, wie man an den Reaktionen sehen kann", betont Gabuew. Es gebe einen Unterschied "zwischen dem Verlust von russischem Gebiet und dem Verlust eroberter Gebiete" in der Ukraine.

Landesweit werde sich die Einstellung zum Krieg in der Ukraine aber nicht ändern, vermutet Gabuew. "Ich glaube nicht, dass diese Art von Niederlage für die russische Elite oder die Bevölkerung eine große Neuigkeit ist", erklärt er. In Moskau, wo im Abstand weniger Wochen gewichtige Nachrichten eintreffen, gehe solch ein Schock schnell wieder vorüber. Der ukrainische Vormarsch werde "einfach nur als Teil des Krieges wahrgenommen", urteilt auch die Politikwissenschafterin Tatjana Stanowaja. "Es ist nicht auf landesweitem Niveau spürbar."

Die russische Armee hat auf ihrem eigenen Gebiet derzeit wenige militärische Möglichkeiten. "Putin wird die Region Kursk nicht so bombardieren, wie er Bachmut bombardiert hat", erklärt Stanowaja mit Blick auf die Stadt im Osten der Ukraine, die russische Truppen im Frühjahr vergangenen Jahres nach langer Belagerung und heftigen Verlusten besetzt hatten. Die ukrainische Besatzung in Kursk könne deshalb "über Monate" andauern.

Die Fachleute gehen davon aus, dass im Kreml derzeit die Möglichkeiten für einen Gegenangriff abgewogen werden. Bei einer solchen Entscheidung lasse sich der russische Präsident in der Regel Zeit. "Früher oder später werden wir erfahren, wie sich Putin rächen wird", warnt Gabuew.

Mit der Offensive auf russischem Boden will die Ukraine nach den Worten ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter anderem ihre Position für mögliche Verhandlungen mit Russland stärken. An der Einstellung im Kreml habe der Angriff aber wenig geändert, urteilt Stanowaja. Putin werden den Kampf "nur zu seinen Bedingungen" einstellen.

In der russischen Bevölkerung gibt es indes Anzeichen dafür, dass die Unterstützung für eine Verhandlungslösung gewachsen ist. Umfragen aus den vergangenen sechs Monaten zeigten "eine paradoxe Situation", erklärt Schulmann. "Die Befragten sagen gleichzeitig: 'Wir unterstützen alles, die militärische Sonderoperation war gerechtfertigt - aber sie muss beendet werden'".

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