Sex-Mord an 14-Jähriger
Fall Susanna: Jetzt spricht Mutter des Verdächtigen
09.06.2018
'Das ist schwer zu glauben, das kann doch alles nicht wahr sein', so die Mutter von Ali B.
Der Tatverdächtige im Fall der 14-jährigen Susanna ist nach Angaben eines lokalen Polizeioffiziers offensichtlich doch mit dem Flugzeug in den Irak gekommen. Das sagte Polizeioffizier Tarik Ahmed am Samstag und korrigierte damit frühere Informationen lokaler Sicherheitskräfte, die erklärt hatten, der 20-Jährige wäre über den Landweg gekommen.
Bei seiner Einreise am Flughafen Erbil sei der Mann noch nicht zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, so dass den lokalen Sicherheitskräften keine Informationen vorgelegen hätten, meinte Ahmed. Nach ersten Informationen aus Deutschland sei ein Fahndungsteam gebildet worden, das den Verdächtigen am Freitagmorgen in der Stadt Sacho festnahm.
Mutter: "Das kann doch alles nicht wahr sein"
Unterdessen reagierte die Mutter des Verdächtigen auf die Vorwürfe. "Das ist schwer zu glauben, das kann doch alles nicht wahr sein", sagte die Frau in der nordirakischen Stadt Sacho der Deutschen Welle. Ihr Sohn habe ihr versichert, sich nicht an die Tat erinnern zu können, weil er zu betrunken gewesen sei. Die Familie habe erst durch die Verhaftung des 20-Jährigen im Irak und die Nachrichten im Internet von den Vorwürfen erfahren. Sie, ihr Mann und die sechs Kinder hätten Deutschland am 2. Juni freiwillig verlassen, weil ihr Mann schwer krank sei.
"Ich wollte nicht, dass er im Ramadan in der Fremde stirbt und ich dann ein schlechtes Gefühl habe", sagte die Mutter des 20-Jährigen. Sie wandte sich gegen eine Auslieferung ihres Sohnes an Deutschland: "Ich will nicht, dass mein Sohn in einem fremden Land bestraft wird. Wenn er wirklich schuldig ist, dann soll er hier im eigenen Land bestraft werden." Mördern droht im Irak die Todesstrafe.
Verdächtiger bereits am Weg nach Deutschland
Der Tatverdächtige soll bereits am Weg nach Deutschland sein. Er habe die nordirakische Stadt Erbil am Samstagnachmittag in Polizeibegleitung in einer Maschine nach Frankfurt am Main verlassen, hieß es aus Kreisen des internationalen Flughafens. Eine offizielle Bestätigung der kurdischen Sicherheitsbehörden im Nordirak gab es zunächst nicht.
Nach Angaben der Internetseite des Flughafens Erbil hob die Maschine nach Frankfurt am Nachmittag ab, wo sie gegen 20.30 Uhr eintreffen sollte.
"Asylprozessrecht verändern"
In Deutschland gab der Fall der Debatte um eine Beschleunigung der Asylverfahren neue Nahrung. "Es darf nicht sein, dass ein abgelehnter Asylbewerber sein Aufenthaltsrecht allein durch eine Klage um deutlich mehr als ein Jahr verlängern kann", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Mathias Middelberg, der "Rheinischen Post". Neben der personellen Ausstattung der Verwaltungsgerichte komme es nun drauf an, "wo wir das Asylprozessrecht verändern müssen", sagte der CDU-Politiker.
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, mahnte, in dem Fall einen kühlen Kopf zu bewahren. "Ich warne vor Schnellschüssen", sagte die Staatsministerin im Kanzleramt in einem Interview des Deutschlandfunks, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. Die Verantwortlichen müssten zwar die volle Härte des Rechtsstaates erfahren. "Dennoch gilt gleichzeitig, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass durch diese Tat Hass in unserem Land gesät wird, dass ganze Gruppen unter einen Generalverdacht gestellt werden."
Ausreise-Kontrollen verschärfen
Die SPD will als Konsequenz aus dem Fall die Ausreise-Kontrollen verschärfen. "Wir haben offenbar ein Kontrolldefizit an unseren Flughäfen", sagte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka der "Rheinischen Post". Anders könne er sich "nicht erklären, dass ein Krimineller mit Tickets, die auf andere Namen ausgestellt sind, ohne Probleme ausreisen kann". Der 20-Jährige und seine Familie hatten bei der Ausreise aus Deutschland irakische Ersatzdokumente sowie deutsche Aufenthaltsgestattungen vorgelegt. Ein Abgleich der Daten auf Pässen und Flugtickets fand nicht statt.
Schweigeminute in Mainz
Mit einer Schweigeminute haben etwa 75 Menschen in Mainz der getöteten 14-jährigen Susanna gedacht. Es helfe nicht, "Hass mit Hass zu begegnen", sagte eine Rednerin am Samstag auf der Veranstaltung, zu der die "Gutmenschliche Aktion Mainz" aufgerufen hatte.
Die Leiche der 14 Jahre alte Susanna aus Mainz war am Mittwoch in einem Waldstück in Wiesbaden gefunden worden. Ein 20 Jahre alter Iraker wird verdächtigt, das seit dem 22. Mai vermisste Mädchen vergewaltigt und ermordet zu haben. Der Fall sorgte deutschlandweit für großes Aufsehen.
Ebenfalls am Samstag demonstrierte die AfD-Landtagsfraktion in Mainz unter dem Motto "Es reicht! Endlich Konsequenzen ziehen!" Etwa 100 Menschen kamen zu der Kundgebung, auf der der AfD-Landesvorsitzende Uwe Jung "reflexartige" Versuche kritisierte, Gewalttaten mit Flüchtlingen als Täter zu bagatellisieren.