Thüringen

FDP-Chef zieht Vergleich mit Ibiza-Krise

09.02.2020

 Lindner unter Verweis auf Bundeskanzlerin Bierlein für unabhängigen Ministerpräsidenten. 

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© APA/AFP
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FDP-Chef Christian Lindner hat sich nach dem Thüringen-Debakel für die Wahl eines unabhängigen Ministerpräsidenten ausgesprochen und die Situation mit der Ibiza-Krise in Österreich verglichen. In Österreich habe man die Präsidentin des Verfassungsgerichts mit den Amtsgeschäften betraut, sagte Lindner am Sonntag mit Blick auf die Beamtenregierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein im Vorjahr.
 
Lindner bezog damit gegen eine Wiederwahl des Linken-Kandidaten Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten Stellung. "Ich persönlich halte in dieser extrem empfindlichen Situation Herrn Ramelow aber nicht für einen geeigneten Kandidaten um das Land zu beruhigen", sagte Lindner.
 

Wahl-Schande

Die politische Krise in Thüringen geht auf das Konto der FDP, deren Kandidat Thomas Kemmerich sich am Mittwoch dieser Woche mit den Stimmen von CDU und der rechtsextremen "Alternative für Deutschland" (AfD) zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen. Nachdem die überraschende Wahl zunächst von führenden FDP-Politikern begrüßt wurde, ging Lindner nach einem massiven öffentlichen Aufschrei über diesen politischen Tabubruch auf Distanz zur AfD und brachte Kemmerich am Samstag dazu, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.
 
Lindner betonte am Sonntag, dass er Kemmerich nicht auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Rücktritt gedrängt habe. "Sie hat keinerlei Druck ausgeübt", sagte er. Der Rücktritt sei richtig gewesen - Kemmerich habe seine Ankündigung nur deshalb nicht sofort wahrgemacht, weil Staatskanzlei und Landtagsverwaltung in Thüringen noch Rechtsfragen klären wollten.
 
Lindners Wunsch nach einem unabhängigen Ministerpräsidenten dürfte sich nicht erfüllen, weil die CDU signalisiert hat, eine Wiederwahl Ramelows durch Stimmenthaltung zu ermöglichen. Zudem könnte Ramelow auch die Stimmen der AfD erhalten, wobei es sich freilich um eine Provokation handeln würde. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland brachte diese Möglichkeit am Samstag ins Spiel, um Ramelow - wie zuvor Kemmerich - zum Verzicht aufs Amt zu drängen. "So agieren Demokratieverächter", kommentierte Ramelow diese Überlegung Gaulands am Sonntag.
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