Außenminister hält Verfehlen der Vorgabe für "wahrscheinlich".
Die französische Regierung rückt offenbar von ihrem Ziel ab, das Haushaltsdefizit in diesem Jahr auf drei Prozent zu drücken. Als erstes Regierungsmitglied sagte Außenminister Laurent Fabius am Mittwoch im Sender Canal Plus, ein Verfehlen des Defizitziels sei "wahrscheinlich". Bereits zuvor hatten die Sozialisten Abstand von der bisherigen Wachstumsprognose genommen, die eine der Voraussetzungen für das Erreichen des Defizitziels ist.
Fabius hob mit Blick auf einen für das Erreichen des Defizitziels von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) womöglich notwendigen rigideren Sparkurs hervor, dass nicht das beschnitten werden dürfe, "was an Wachstum übrig ist". Zugleich müsse die Haushaltsführung aber seriös sein. Finanzminister Pierre Moscovici sagte, es könnten sowohl das Defizitziel als auch die bisherige Wachstumsprognose von 0,8 Prozent auf den Prüfstand gestellt werden, wenn dies "nötig" sei. Die Regierung wisse, dass beide Ziele "schwierig" zu erreichen seien.
Haushaltsminister Jerome Cahuzac räumte ein, dass es "sehr schwierig" sei, die angestrebte EU-Defizitgrenze von drei Prozent in diesem Jahr einzuhalten. Er verwies im Sender France Inter auf die schwachen Wachstumsaussichten für Frankreich und die gesamte Eurozone.
Bereits am Dienstag hatte die französische Regierung angedeutet, ihre von vielen Experten als zu optimistisch kritisierte Wachstumsprognose für dieses Jahr womöglich bald abzusenken. Eine "Anpassung" der bisher erwarteten 0,8 Prozent könne "wenn nötig in den kommenden Tagen" erfolgen, sagte Staatschef Francois Hollande. Der französische Rechnungshof hatte zuvor Zweifel am Erreichen des Wachstumsziels und des Defizitziels geäußert. Bislang hatte die Regierung stets erklärt, an beiden Zielen festzuhalten.
Das von Paris angepeilte Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent ist eine wichtige Voraussetzung, um mit dem bisher vorgesehenen Budget das Defizit in diesem Jahr auf drei Prozent zu drücken. Sollte das Wachstumsziel verfehlt werden, müsste die Regierung in Paris zusätzliche Einsparungen vornehmen oder weitere Steuererhöhungen beschließen, um die EU-Defizitgrenze wie mehrfach zugesagt nicht mehr zu überschreiten.
Die Sozialisten haben für dieses Jahr bereits Einsparungen und Steuererhöhungen im Umfang von rund 38 Milliarden Euro beschlossen. Im Jahr 2012 lag das Defizit nach vorläufigen Berechnungen bei 4,5 Prozent.
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin wollte die aktuellen Äußerungen der französischen Minister am Mittwoch nicht direkt kommentieren. Die Bundesregierung habe in der Vergangenheit aber immer wieder erklärt, dass "wir Vertrauen in die französische Regierung haben", sagte der Sprecher. Er verwies dabei auf den auch von Frankreich verabschiedeten EU-Fiskalpakt, der die Unterzeichnerstaaten zu strengerer Haushaltsdisziplin verpflichtet.
Beobachter befürchten seit Monaten, dass Frankreich angesichts seiner Wirtschafts- und Haushaltsprobleme zum nächsten Eurokrisenstaat werden könnte. Die beiden US-Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's haben dem Land bereits die Bestnoten für die Kreditwürdigkeit entzogen. Die französische Regierung hatte ihr Festhalten an dem Drei-Prozent-Defizitziel auch damit begründet, dass die Finanzmärkte andernfalls das Vertrauen in Frankreich verlieren könnten.