Der Inlandsgeheimdienst sucht jetzt die Hintermänner. Die Ermittlungen gehen in Richtung Tschetschenen und Al Kaida.
Nach dem Doppelanschlag auf die Moskauer U-Bahn mit 39 Toten und mehr als 60 Verletzten fahnden die russischen Behörden nach den Drahtziehern der Tat. Der Inlandsgeheimdienst FSB hat angeblich schon die Identität der beiden Selbstmordattentäterinnen festgestellt, die sich am Montagmorgen im Berufsverkehr in den U-Bahn-Stationen Lubjanka und Park Kultury in die Luft gesprengt hatten.
Hintermänner gesucht
Gesucht werden noch zwei Frauen und
ein Mann, die die Täterinnen mit den Sprenggürteln am Montagmorgen im
Berufsverkehr in die U-Bahn begleitet haben sollen. Unterdesssen wurden
Bilder der beiden Attentäterinnen gezeigt, die das U-Bahnmassaker verübt
haben sollen.
Tschetschenen versus Al Kaida
FSB-Chef Alexander Bortnikow
machte Rebellen aus den Konfliktgebieten im Nordkaukasus verantwortlich, in
denen die russische Regierung hart gegen Separatisten vorgeht. Außenminister
Sergej Lawrow brachte eine Verbindung der Täter zu islamistischen
Terroristen aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ins Spiel.
Medwedew schwört Rache
Kremlchef Dmitri Medwedew legte in
der Moskauer Metro am späten Abend Blumen nieder und kündigte an, die Terroristen
finden und töten zu lassen. Er äußerte sich wütend, die Täter seien
keine Menschen, sondern "Bestien".
Fahnen auf Halbmast
Der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow
ordnete für Dienstag einen Trauertag in der Millionenmetropole an. Die
Fahnen auf offiziellen Gebäuden sind auf halbmast gesetzt. Als Zeichen der
Trauer verzichteten Fernseh- und Hörfunksender auf Unterhaltungsprogramme
und Werbung. Die russisch-orthodoxe Kirche organisierte Trauergottesdienste.
Die Zahl der Toten liegt bereits bei 39. Ein Mann ist im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben. Es können aber noch mehr werden, von den 70 Verletzten ringen einige noch immer um ihr Leben.
Kampf dem FSB
Die Sprengsätze in Moskau waren am Montag auf der
roten Metro-Linie innerhalb von weniger als einer Stunde hochgegangen. Zur
ersten Explosion kam es an der Lubjanka, dem Platz und Sitz des russischen
Inlandsgeheimdienstes FSB. Von dort werden die Operationen russischer
Sicherheitskräfte gegen islamistische Untergrundkämpfer im Nordkaukasus
gesteuert.
Putin schlägt kriegerische Töne an
Mit kriegerischen
Tönen versucht der russische Ministerpräsident Wladimir Putin die
verängstigte Bevölkerung nach den Anschlägen in der Moskauer U-Bahn aus
ihrem Schockzustand zu reißen. Für die Sicherheitskräfte sei es jetzt eine
Frage des Stolzes, die Drahtzieher des Doppelanschlags "aus dem
Abwasserkanal ans Tageslicht zu zerren", versprach Putin am Dienstag im
Fernsehen. Er sei sicher, dass die Hintermänner gefunden würden. Präsident
Dmitri Medwedew schlug eine Verschärfung der Terrorgesetze vor, und einige
Abgeordnete forderten die Wiedereinführung der Todesstrafe.
Über Motive spekuliert
In den russischen Medien wurde über
das Motiv der Attentäterinnen und ihrer Hintermänner diskutiert. So
spekulierten Zeitungen, die Anschläge könnten ein Racheakt von Islamisten
aus dem Nordkaukasus gewesen sein: Dort hatten russische Polizisten kürzlich
einen Extremistenführer getötet. Die russischen Behörden vermuten
tschetschenische Separatisten hinter den Anschlägen.
Medwedew wies die Vorsitzenden des Verfassungsgerichts und des Obersten Schiedsgerichts an, Vorschläge zur "Perfektionierung" der Terrorgesetze zu unterbreiten. Im Föderationsrat, dem Oberhaus des russischen Parlaments, wurden Rufe nach Wiedereinführung der Todesstrafe laut. "Das ist unsere Reaktion auf die tragischen Ereignisse von gestern", sagte der Vorsitzende des Justizausschusses, Anatoli Kyskow, am Dienstag laut einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
Russland hatte mit seinem Beitritt zum Europarat im Jahr 1996 ein Moratorium der Todesstrafe verhängt. Sie wurde jedoch nie formell abgeschafft, nicht zuletzt, weil sie von vielen Russen befürwortet wird.