In seiner Rede beschimpfte er den Westen - und wittert eine neue Verschwörung.
Es war eine Inszenierung, wie Muammar al Gaddafi sie liebt. Er hätte der Weltpresse Epochales mitzuteilen, ließ er gestern am Nachmittag verlauten und lud die Weltpresse ins Journalisten-Hotel Rixos ein. Er werde alle Fragen der Medien beantworten. 130 Reporter aus aller Welt ließ der libysche Diktator über sieben Stunden lang warten, ehe er im Blitzlichtgewitter eintraf. CNN blieb mit seinen Breaking News auf Sendung, um die Pressekonferenz zu übertragen.
Nur für Türken
Doch dann gab Gaddafi lediglich dem türkischen Fernsehen ein Interview und war knapp vor Mitternacht MEZ, als ganz Amerika zur Prime Time auf seine Rede wartete, plötzlich durch einen Seitenausgang wieder verschwunden.
In der Rede beschimpfte Gaddafi den Westen...
...Der Revolutionführer wittert eine Verschwörung...
...USA, Frankreich und Großbritannien...
...wollten seine Öl-Felder unter Kontrolle bringen...
...Gaddafi wandte sich auch an die Aufständischen:
Sie sollten die Waffen weglegen...
...und den Rebellen den Rücken zukehren.
präsentierte er Angehörige eines in der Stadt beheimateten Volksstammes.
Diese bekundeten ihre Treue zu Gaddafi.
Gaddafi schlägt um sich
Nachdem seine Truppen mehrere Städte angegriffen hatten, die von den Aufständischen kontrolliert werden, beschimpfte er die Übergangsregierung als Bande von "Verrätern". In eder Rede vor seinen Anhängern, die das libysche Staatsfernsehen dann am Mittwochmorgen ausstrahlte, behauptete er, die USA, Frankreich und Großbritannien hätten sich gegen Libyen verschworen, um die Öl-Felder unter ihre Kontrolle zu bringen.
Gaddafi wurde im September 1942 in einem Zelt in der libyschen Wüste in der Nähe der Küstenstadt Sirte geboren.
Später besuchte er die Militärakademie in Bengasi und ging für ein halbes Jahr zur weiteren Ausbildung nach Großbritannien.
An die Macht kam der damals 29-Jährige am 1. September 1969 - vor genau 42 Jahren.
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Auf seine Reisen nahm er stets ein Beduinenzelt mit. Gewohnt hat er allerdings in Luxus-Hotels.
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Historische Aufnahme: Gaddafi mit Kubas Revolutionsführer Castro.
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Jörg Haider war gern gesehener Gast in Libyen.
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Auch Obama machte ihm seine Aufwartung
Der von ihm gegründete Bund der "Freien Offiziere" hatte den greisen König Idriss in einem unblutigen Putsch vom Thron gestoßen.
Gaddafi wollte stets in die Fußstapfen des charismatischen Araberführers Gamal Abdel Nasser aus Ägypten treten.
Dieser sagte kurz vor dem Tod sagte: "Du bist mein Sohn und mein Erbe."
Mit seinen theaterreifen Auftritten und seiner Frauenleibwache sorgt er immer wieder für Aufsehen - mal im weißen Beduinengewand, mal in Operettenuniform oder italienischem Designeranzug
Gaddafi liebt die Provokation - und ist immer für eine Überraschung gut.
Berlusconi zählte zu seinen Freunden.
Zu Italien unterhielt er exzellente Beziehungen.
Jetzt ist das Ende des Wüsten-Fuchses gekommen. In Tripolis haben die Rebellen die Macht übernommen. Am 20. Oktober 2011 wurde er in Sirte getötet.
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Handshake mit Alfred Gusenbauer, 2007.
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2005 bei einem Immigrations-Gipfel noch ohne Bart.
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Ausstraffiert besuchter er 2009 den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano.
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Gaddafi zeigte sich gerne als Familienmensch. Hier in einem Homevideo mit seiner Enkelin aus dem Jahr 2005.
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Auch bei Romano Prodi war Gaddafi 2004 zu Gast.
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Im April 2011 glaubte er noch ein einen Sieg im Kampf gegen die Rebellen.
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2010 war für Gaddafi noch alles in Butter.
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Mittlerweile wurden beide entmachtet: Hosni Mubarak (l.) und Muammar Gaddafi, anno 1991.
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2010: Staatsoberhäupter als Kumpels. Gaddafi lehnt lässig auf den Schultern des yemenitischen Präsidenten Ali Abdulla Saleh und des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak.
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2007 war zwischen Gaddafi und Sarkozy noch alles in Ordnung.
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Beim G8-Gipfel 2009 in L'Aquila trafen sich Obama und Gaddafi persönlich.
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Rücktritt und Dementi
Es war der skurrile Höhepunkt eines Tages der Verwirrspiele im libyschen Bürgerkrieg. Noch am Morgen hatte es geheißen, der Diktator hätte den Rebellen angeboten, das Land zu verlassen – unter der Bedingung, wenn er sein Milliarden-Vermögen mitnehmen dürfe. Wenige Stunden später ließ der Diktator diese Meldung dementieren.
Kampfjets gegen Ziviliste
Währenddessen tobte der blutige Bruderkampf im Wüsten-Reich weiter. Die wichtige Öl-Stadt Ras Lanuf war gestern wieder Ziel heftiger Angriffe der Truppen. Kampf-Jets bombardierten diesmal sogar zivile Wohnhäuser. Das großes Problem der Rebellen: Der Treibstoff geht aus. Nur eine Woche reicht er noch.
Artillerie auf Schulen
Gegen Abend griffen die Regierungstruppen auch Al-Zawija, eine Hochburg der Aufständischen im Westen des Landes, mit schwerer Artillerie an. Laut Augenzeugen wurden weder Häuser, noch Moscheen oder Schulen verschont.
Militärische Hilfe der USA ist noch nicht geplant. Erste-Hilfs-Aktionen: UNO- und EU-Beobachter bereisen das Land. Die NATO überprüft jede Truppen-Bewegung mit Aufklärungs-Fliegern. Österreich hilft mit und stellt eine halbe Million Euro für Flüchtlinge zur Verfügung.