Deutscher Präsident

Gauck: Von Wien ins Schloss Bellevue

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54 Prozent der Deutschen wollen Gauck. Dennoch war seine Nominierung ein echter Krimi.

Theologe, evangelischer Pastor, Ex-DDR-Bürgerrechtler, Freidenker – Joachim Gauck, (72), die personifizierte Chance für einen neuen Politikstil in Deutschland: „Freiheit, Verantwortung, Toleranz“ sind die Leitmotive des „Politikpredigers“. Zu ÖSTERREICH sagte er vor seiner Nominierung bei seinem Besuch in Wien: „Die Menschen wollen den führenden Leuten wieder vertrauen können“ (siehe Kasten). Er sei kein Prophet, auch kein Engel. „Aber“, sagte er im Hinblick auf das böse Scheitern seines Vorgängers Christian Wulff, „es gibt so viel Häme, und das ist widerlich. Man muss sich damit abfinden, dass Politiker auch Menschen sind.“

Joachim Gauck in Wien

Bereits am 18. März wird die deutsche Bundesversammlung (1.240 Wahlleute, darunter die 620 Abgeordneten) ihn zum neuen Bundespräsidenten wählen. Dann kann Gauck ins Schloss Bellevue einziehen, den Amtssitz des deutschen Präsidenten in Berlin. Sechs Parteichefs stehen seit Sonntagabend geschlossen hinter ihm, selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Merkel fragte: „Wo genau steckt Gauck?“ In Wien.
Bis Sonntagnachmittag war die Nominierung ein Krimi. Kanzlerin Angela Merkel sperrte sich vehement gegen Gauck, wollte einen eigenen CDU-Kandidaten, fand keinen. Erst als Sonntagnachmittag Koalitionspartner FDP eindeutig auf Gauck-Linie schwenkte, lenkte sie ein: „Es hat nicht die Klügere nachgegeben“, schreibt der Spiegel, „sondern die Machtlosere“.

Als fix war, dass Gauck es werden wird, wollte Merkel ihn anrufen: „Wo genau steckt Gauck?“, fragte sie. „In Wien“, war die Antwort. Da Merkel sich nicht sicher war, ob sie die richtige Handynummer hat, fragte sie Grünen-Politiker Jürgen Trittin: „Ist das die Nummer?“

Trittin und Merkel verglichen die Nummern, dann rief die Kanzlerin bei Gauck an. Es war Sonntag gegen 19 Uhr, und das Handy war abgeschaltet. Gauck saß gerade mit seiner Freundin Daniela Schadt im Flugzeug von Wien nach Berlin. Merkel hinterließ auf der Mailbox die Bitte um Rückruf.

Kaum gelandet, erreichte die Kanzlerin den neuen Präsidenten. Er sagte sofort zu. Als die Gauck-Nominierung abgesegnet war, riefen ihm Politikerkollegen scherzhaft zu: „Gehen Sie in Zukunft nicht mehr selbst ans Handy! Und sprechen Sie niemanden auf die Mailbox…“

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Joachim Gauck in Wien

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