Das nächste Schiff wollte die Blockade des Gaza-Streifens durchbrechen. Die israelische Armee hat es aber nicht durchgelassen.
Die israelische Marine hat am Samstag ein weiteres Schiff mit Hilfslieferungen für den abgeriegelten Gazastreifen gestoppt. "Die Soldaten sind mit vollem Einverständnis der Besatzung und der Passagiere an Bord gegangen", so eine Armeesprecherin. Es sei zu keiner Gewaltanwendung gekommen. Niemand sei verletzt worden.
Die pro-palästinensischen Aktivisten an Bord der unter irischer Flagge fahrenden "Rachel Corrie" hatten die Aufforderungen ignoriert, Kurs auf die israelische Hafenstadt Ashdod zu nehmen. Die USA und die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navanethem (Navi) Pillay, forderten Israel unterdessen auf, die Blockade des Küstenstreifens zu lockern.
Diesmal ohne Tote und Verletzte
Am Montag waren bei der
gewaltsamen Erstürmung des türkischen Passagierschiffes "Mavi
Marmara" durch israelische Soldaten neun Personen getötet
und weitere 45 verletzt worden. Diesmal setzten die Israelis keine
Hubschrauber ein, sondern enterten das Hilfsschiff von See aus. Die
Organisation "Free Gaza" protestierte gegen die Übernahme ihres
Frachters in internationalen Gewässern. Das Hilfsschiff wurde in den Hafen
von Ashdod gezogen. Dort sollten die 1.200 Tonnen Hilfsgüter gelöscht und
inspiziert werden. Danach werden sie in den Gazastreifen weitergeleitet.
Promis gegen die Gaza-Blockade
Eine Sprecherin der Aktivisten
sagte vor Beginn des Militäreinsatzes, israelische Kriegsschiffe würden
ihrem Schiff seit etwa 05.00 Uhr (MESZ) folgen. An Bord sind unter anderen
der frühere UNO-Vizegeneralsekretär Denis Halliday aus Irland und die
nordirische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire. Benannt ist das Boot
nach der Menschenrechtskämpferin Rachel Corrie, die im Jahr 2003 von einem
Bulldozer der israelischen Armee tödlich verletzt wurde. Der israelische
Außenminister Avigdor Lieberman hatte angekündigt, sein Land werde jeden
Versuch unterbinden, die Blockade zu durchbrechen.
"Politische Ziele statt humanitärer"
Israels
Regierungssprecher Mark Regev warf den Aktivisten vor, politische und keine
humanitären Ziele zu verfolgen. Sie hätten am späten Freitagabend Vorschläge
der israelischen und der irischen Regierung ignoriert, die Güter an Bord des
Schiffes den Bewohnern des Gazastreifens auf andere Art und Weise zukommen
zu lassen. Daher sei klar, dass sie ein politisches Statement abgeben
wollten, um das Hamas-Regime zu unterstützen, so Regev.
USA wollen über Sperre reden
Auch die US-Regierung hatte
die Schiffsbesatzung zuvor zur Kursänderung aufgerufen, um eine erneute
Eskalation zu vermeiden. Zugleich erklärte ein Präsidialamtssprecher, die
gegenwärtigen Bedingungen der Gaza-Blockade seien nicht tragbar und müssten
geändert werden. Die US-Regierung berate mit Israel, der palästinensischen
Regierung und internationalen Partnern über Möglichkeiten, mehr Hilfsgüter
in den Gazastreifen zu liefern. UNO-Hochkommissarin Pillay bezeichnete die
Abriegelung des Küstengebiets als unrechtmäßig.
Die Besatzung der "Rachel Corrie" widersetzte sich insgesamt vier Aufforderungen, den Kurs zu wechseln und nicht in die Küstengewässer vor dem Gazastreifen zu fahren. Die pro-palästinensischen Aktivisten wollten mit ihrer Aktion gegen die seit drei Jahren anhaltende Blockade des Gazastreifens protestieren. Israel begründet die Abriegelung des Küstenstreifens damit, Waffenschmuggel in das von der radikalen palästinensischen Hamas kontrollierte Gebiet unterbinden zu wollen.
Ägypten hatte am Donnerstag seine Landgrenze zum Gaza-Streifen aus humanitären Gründen geöffnet. Bis Samstag passierten nach ägyptischen Angaben etwa 3.500 Palästinenser den Grenzübergang Rafah, darunter Patienten, die ärztliche Hilfe in Ägypten suchten. 250 Lastwagen brachten Hilfsgüter in den Gazastreifen.
Nach der gewaltsamen Erstürmung des türkischen Hilfsschiffes am Montag kam es auch am Samstag wieder zu internationalen Protesten gegen Israel. In der australischen Hafenstadt Sydney demonstrierten Tausende gegen die Blockade des Gazastreifens und die Erstürmung der Hilfsflottille. Demonstranten verbrannten eine israelische Fahne.
Schüsse aus kurzer Entfernung
Das Autopsie-Ergebnis der
neun Aktivisten, die am Montag getötet wurden, könnte den Druck auf die
Regierung in Jerusalem erhöhen. Bis auf eine Leiche wiesen alle Opfer
mehrere Wunden von Schüssen aus kurzer Entfernung auf. Die israelische
Regierung sieht darin aber keinen Widerspruch zu ihrer Darstellung, dass die
Soldaten nur aus Notwehr geschossen hätten.