In der hochgradig radioaktiven Sperrzone von Tschernobyl leben bis heute streunende Hunde, die sich über Generationen hinweg an die lebensfeindlichen Bedingungen angepasst haben.
Aktuelle Forschungen zeigen, dass diese Tiere genetische Veränderungen aufweisen, die sie widerstandsfähig gegen Strahlung, Schwermetalle und andere toxische Belastungen machen. Die Ergebnisse bieten faszinierende Einblicke in die Anpassungsfähigkeit von Lebewesen und eröffnen neue Perspektiven für die Wissenschaft.
Hunde trotzen extremen Umweltbedingungen
Am 26. April 1986 ereignete sich im Atomkraftwerk von Tschernobyl, in der heutigen Ukraine, die schwerste Nuklearkatastrophe der Geschichte. Die Explosion eines Reaktors führte zur Freisetzung enormer Mengen radioaktiven Materials. Die umliegenden Gebiete wurden evakuiert, und eine 30-Kilometer-Sperrzone, bekannt als Tschernobyl Exclusion Zone (CEZ), wurde eingerichtet. Bis heute ist diese Zone durch radioaktive Strahlung kontaminiert und größtenteils menschenleer.
Die Hunde sind widerstandsfähig gegen Strahlung, Schwermetalle und andere toxische Belastungen.
Doch Tiere, insbesondere streunende Hunde, leben weiterhin in der CEZ. Wie diese Tiere unter solchen Bedingungen überleben, ist Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchungen.
Genetische Veränderungen bei Hunden der Sperrzone
Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Norman J. Kleiman von der Columbia University sammelte zwischen 2018 und 2019 Blutproben von 116 Hunden, die in der Sperrzone leben. Die Proben wurden für eine umfassende genetische Analyse in die USA gebracht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Hundepopulation in zwei genetisch unterschiedliche Gruppen unterteilt, die sich stark von anderen Hunden außerhalb der Zone unterscheiden.
Es wurden Blutproben von 116 Hunden gesammelt, die in der Sperrzone leben.
Die Forscher identifizierten 52 Gene, die vermutlich mit den extremen Umweltbedingungen in der CEZ zusammenhängen. Diese genetischen Anpassungen könnten die Resistenz der Hunde gegen Strahlung, Schwermetalle und andere Giftstoffe erklären.
Anpassungen durch Evolution in toxischen Umgebungen
Die Hunde in der CEZ sind nicht die einzigen Tiere, die sich an die unwirtliche Umgebung angepasst haben. Auch andere Tierarten zeigen erstaunliche Veränderungen. Wölfe in der Region weisen eine erhöhte Resistenz gegen strahlungsbedingte Krankheiten auf. Ostliche Baumfrösche, deren Hautfarbe von grün auf schwarz gewechselt ist, zeigen ebenfalls Hinweise auf genetische Anpassungen. Die dunklere Haut könnte dazu beitragen, die schädliche Strahlung abzuschirmen.
Wichtigkeit der Forschung
Die Ergebnisse der Studie könnten weitreichende Folgen für das Verständnis biologischer Anpassungen an extreme Umweltbedingungen haben. Insbesondere liefern sie wichtige Erkenntnisse darüber, wie chronische Strahlenbelastung und toxische Stoffe die Gesundheit und Evolution von Lebewesen beeinflussen. Die Forschung an den Tschernobyl-Hunden könnte auch praktische Anwendungen für den Menschen haben. Beispielsweise könnten die Erkenntnisse dazu beitragen, bessere Schutzstrategien gegen Umweltgifte und Strahlung zu entwickeln. Die Studie wurde im März 2023 in der Fachzeitschrift Canine Medicine and Genetics veröffentlicht.