220 Abgeordnete stimmten für Obamas Reform, 207 waren dagegen.
Nach einer parlamentarischen "Ehrenrunde" ist das Gesetz zur Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama nun endlich komplett: Der Kongress stimmte am Donnerstag einem Paket von Änderungen am Reformentwurf zu, der im Rahmen eines Budget-Verfahrens eigentlich nur noch durch den Senat musste. Durch ein taktisches Manöver der Republikaner landete das Gesetzespaket dann aber noch ein zweites Mal im Abgeordnetenhaus. Am späten Abend (Donnerstag Ortszeit) segneten die Parlamentarier ihn schließlich erneut ab - mit 220 zu 207 Stimmen. Nun fehlt nur noch die Unterschrift von Obama und das Gesetz ist mitsamt seinen Änderungen gültig.
Korrektur eines Details
"Wir sind alle müde, aber dies war
ein Kampf um ein Gesetz, der eines Tages in die Rekordbücher kommt",
sagte der Führer der Demokraten im Senat, Harry Reid. Seine Partei hatte
dort zwar mit 56 zu 43 Stimmen das Änderungspaket zu dem Reformgesetz
durchgesetzt, das Obama bereits am Dienstag unterzeichnet hatte. Jedoch
bestanden die Republikaner auf der Korrektur eines Details.
Am Sonntag hatte das Abgeordnetenhaus das Gesetz bereits mit hauchdünner demokratischer Mehrheit verabschiedet. Mit der Reform sollen 32 Millionen bisher nicht versicherte Amerikaner eine Krankenversicherung erhalten. Die Gesundheitsreform, ein Kernanliegen des Präsidenten, soll stufenweise bis 2018 in Kraft treten.
Die Republikaner sagten geschlossen nein. Obama setzte das Gesetz zwar am Dienstag in Kraft - aber es stand von vornherein fest, dass es noch einmal geändert werden muss. Das Abgeordnetenhaus hatte die Modifizierungen gleich nach der Billigung der Senatsvorlage beschlossen - ein Schachzug der Demokraten, der es Gegnern in den eigenen Reihen ermöglichen sollte, dem Senatsentwurf zuzustimmen.
Erbitterter Streit
Der weiterhin erbitterte Streit um die Reform
hat sich inzwischen auch in Gewalt niedergeschlagen. In den Büros von vier
Kongressmitgliedern wurden die Fensterscheiben eingeworfen, und ein
Abgeordneter fand nach Medienberichten auf dem Rasen seines Hauses einen
Sarg vor. Mindestens zehn Demokraten im Abgeordnetenhaus haben Morddrohungen
erhalten und um Polizeischutz für sich und ihre Familien gebeten. In einem
anderen Fall wurde die Adresse eines Parlamentariers ins Internet gestellt
und dazu aufgerufen, am kommenden Wochenende vor seinem Haus zu protestieren.
Die demokratische Führung zeigte sich besorgt über diese Auswüchse. Der republikanische Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, John Boehner, distanzierte sich von dem Vorgehen der radikalen Reformgegner. Mehrere Demokraten machten die Republikaner aber für die aufgeheizte Stimmung mitverantwortlich.
Morddrohungen
Morddrohungen erhielt unter anderem der
Parlamentarier Bart Stupak, ein Abtreibungsgegner. Er hatte am Sonntag der
Reformvorlage zugestimmt, aber erst nach Zusicherungen, dass vom Staat
bezuschusste Krankenversicherungen auch künftig nicht für Abtreibungen
aufkommen. In seinem Büro wurde eine Nachricht mit dem Wortlaut
hinterlassen: "Sie sind tot. Wir wissen, wo Sie leben. Wir werden Sie
kriegen." Stupaks Parteikollegin Louise Slaughter erhielt bereits
vorige Woche einen Anruf mit der Drohung, dass Heckenschützen losgeschickt
würden, um Kinder von Unterstützern der Reform umzubringen.
Der Republikaner John Boehner erklärte: "Ich weiß, dass viele Amerikaner wütend über dieses Gesundheitsgesetz sind, und die Washingtoner Demokraten hören einfach nicht zu", sagte Boehner. "Aber (...) Drohungen und Gewalt sind inakzeptabel."