Massive Kritik an israelischer Polizei

Gewalt bei Beerdigung von Journalistin in Jerusalem

13.05.2022

Israelische Sicherheitskräfte stürmten Trauerprozession. Die EU und USA kritisierten den Polizeieinsatz, die UNO zeigt sich bestürzt über die Gewalt in Jerusalem.

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Die Trauerfeier für die getötete palästinensischen Journalistin Shireen Abu Akleh in Jerusalem ist von gewaltsamen Szenen überschattet worden. Israelische Sicherheitskräfte stürmten am Freitag zu Beginn die Trauerprozession, der Sarg fiel beinahe zu Boden. Die EU und die USA kritisierten den Polizeieinsatz scharf. Im von Israel besetzten Westjordanland gab es erneut blutige Zusammenstöße, bei denen ein israelischer Soldat getötet und 13 Palästinenser verletzt wurden.

© APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Journalistin getötet

Die 51-jährige Shireen Abu Akleh gehörte zu den bekanntesten Journalistinnen des in Katar ansässigen arabischen Senders Al Jazeera. Die Palästinenserin, die auch die US-Staatsbürgerschaft besaß, war am Mittwoch bei der Berichterstattung über einen israelischen Militäreinsatz in Jenin im Norden des Westjordanlandes von einer Kugel im Kopf getroffen worden.

Israel und die Palästinenser machten sich gegenseitig für den Tod der Journalistin verantwortlich. Später räumte Israel ein, Abu Akleh könne auch durch einen Schuss von israelischer Seite getötet worden sein.

Ermittlungen

Laut einem von der israelischen Armee veröffentlichten Zwischenbericht zu den Ermittlungen "ist es nicht möglich, die Herkunft des Schusses zu bestimmen". Abu Akleh sei entweder durch palästinensisches Streufeuer gestorben oder durch einen israelischen Scharfschützen, der militante Palästinenser ins Visier genommen habe. Israel fordert gemeinsame Ermittlungen und die Herausgabe der tödlichen Kugel für eine gerichtsmedizinische Untersuchung. Die Palästinenserbehörde lehnt dies ab.

Abu Akleh, eine palästinensische Christin, genoss in der Bevölkerung hohes Ansehen. Ihre Beerdigung in ihrer Geburtsstadt Jerusalem zog tausende Menschen an. Als ihr Sarg aus einem Krankenhaus im von Israel annektierten Ost-Teil der Stadt herausgetragen wurde, stürmten israelische Polizisten auf Menschen zu, um palästinensische Fahnen zu konfiszieren. Der Staat Israel verbietet das öffentliche Zeigen palästinensischer Flaggen.

© APA/AFP/RONALDO SCHEMIDT

Sarg beinahe zu Boden gefallen

Aufnahmen des Senders Palestine TV zeigten, dass der Sarg beinahe zu Boden fiel, als die Polizisten die Menschen auseinandertrieben und nach den Fahnen griffen. Die Polizei erklärte, sie sei zum Eingreifen gezwungen gewesen, als "gewaltsame Randalierer versucht haben, den Verlauf der Beisetzung zu stören".

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich schockiert. "Die EU verurteilt die unverhältnismäßige Gewaltanwendung und das respektlose Verhalten der israelischen Polizei gegenüber den Teilnehmern des Trauerzuges." Einen friedlichen Abschied zu ermöglichen und die Trauernden in Ruhe trauern zu lassen, ohne sie zu schikanieren und zu demütigen, sei das Minimum an menschlichem Respekt.

© APA/AFP/HAZEM BADER

"Zutiefst verstörende Bilder"

Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, sprach von "zutiefst verstörenden" Bildern. Die USA hätten "Respekt für die Beerdigungsprozession, die Trauernden und die Familie in dieser heiklen Zeit angemahnt".

UNO schockiert über Gewalt

Die UNO zeigte sich angesichts der mutmaßlichen Gewalt israelischer Sicherheitskräfte bestürzt. "Wir haben gerade das Video davon gesehen und es ist einfach sehr schockierend für uns", sagte Sprecher Farhan Haq am Freitag in New York. Die UNO teilten weiter mit, dass sie mehr Informationen zu dem Vorfall sammelten: "Natürlich wollen wir wie in allen Fällen sicherstellen, dass die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und natürlich das Recht auf friedliche Demonstrationsfreiheit geschützt und gewahrt werden", sagte Haq.

Der Leichnam Abu Aklehs wurde dann in einem Fahrzeug in die Jerusalemer Altstadt gefahren und nach einer kurzen Trauerfeier in einer Kirche zum Friedhof auf dem Berg Zion gebracht. Tausende Palästinenser versuchten, dem Sarg bis zum Friedhof außerhalb der Stadtmauern zu folgen.

Die Polizei griff nicht ein, als während des Trauerzuges erneut palästinensische Fahnen geschwenkt wurden, wie AFP-Reporter berichteten. In der Altstadt von Jerusalem herrschte nach der Beisetzung angespannte Ruhe.

Zusammenstöße im Westjordanland

Bei einem erneuten israelischen Militäreinsatz im Westjordanland am Freitag kam es zu neuen gewaltsamen Zusammenstößen. Ein israelischer Soldat wurde bei einer Razzia in der Nähe des Flüchtlingslagers Jenin verletzt und erlag später seinen Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden 13 Palästinenser verletzt, einer von ihnen schwer.

Kritik an Israel

5 europäische Länder - Österreich war nicht darunter - forderten unterdessen Israel auf, seine Entscheidung über den Bau von fast 4.500 Wohneinheiten für israelische Siedler im Westjordanland "rückgängig zu machen". Diese seien ein "weiteres Hindernis für eine Zweistaatenlösung" und stellten "eindeutig eine Verletzung des Völkerrechts dar", erklärten sie

Der Planungsausschuss der israelischen Zivilverwaltung des Palästinensergebiets hatte laut der israelischen Nichtregierungsorganisation Peace Now zuvor grünes Licht für den Bau von 2.791 Wohneinheiten gegeben. Für 1.636 weitere Wohneinheiten stellte er eine vorläufige Genehmigung aus.

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