Die NATO fliegt unterdessen weitere Luftangriffe auf Tripolis.
Die Aufständischen in der westlybischen Stadt Misrata haben im Kampf gegen die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi Boden wettgemacht. Ihre Führung in Bengasi (Benghazi) traut aber den Rückzugsankündigungen des Regimes nicht. "Wir würden einen vollständigen Rückzug mit Freuden sehen, aber wir sind nicht optimistisch", sagte der Sprecher des Übergangsrates, Mustafa Gheriani, am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Das Regime habe schon häufig und schnell seine Taktik geändert. "Was Gaddafi sagt und was Gaddafi tut, sind zwei verschiedene Dinge."
In den Tagen zuvor war es den Aufständischen in Misrata gelungen, die Gaddafi-Truppen in der seit Wochen umkämpften Tripolis-Straße weit zurückzudrängen. Auch konnten die Hochhäuser im Zentrum der Stadt von Heckenschützen des Regimes gesäubert werden, die in den vergangenen Wochen von diesen Positionen aus die Zivilbevölkerung terrorisiert hatten. Arabische Medien meldeten allerdings am Samstag neue Kämpfe aus der Stadt.
Gaddafi soll Rückzug aus Misrata angeordnet haben
Gaddafi habe habe den Rückzug aus Misrata angeordnet, sagte Vize-Außenminister Khalid Kaim in der Nacht zum Samstag, wohl auch um das Gesicht des Regimes angesichts der jüngsten Rückschläge zu wahren. Jetzt würden "die Stämme" die Angelegenheit "mit den Menschen in Misrata direkt regeln, entweder mit Gewalt oder in Verhandlungen", sagte Kaim. Übergangsrats-Sprecher Gheriani ordnete die Drohung mit den Stämmen als Bluff ein. Diese hätten sich bisher an der Bekämpfung des Aufstands nicht beteiligt, "und wir sehen auch nicht, warum sie das tun sollten. Sie leiden genauso unter Gaddafi."
Bei heftigen Kämpfen in Misrata sind am Samstag nach Medizinerangaben mehr als 25 Menschen getötet und hundert verletzt worden. Das seien doppelt so viele wie an "normalen" Tagen mit Kampfhandlungen, sagte ein Arzt im privaten Hikma-Krankenhaus der Nachrichtenagentur AFP. Die Krankenwagen kämen im Fünf- bis Zehn-Minutentakt und die Ärzte würden mit der Versorgung der Verletzten nicht hinterherkommen. Es mangele an allem, sagte der Arzt.
NATO fliegt weitere Luftangriffe auf Tripolis
Die NATO setzte unterdessen ihre Angriffe mit der Zerstörung eines unterirdischen Betonbunkers in Tripolis fort. Der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte, es habe sich um einen ungenutzten Munitionsbunker gehandelt. Drei Menschen seien getötet worden. Nach dem Angriff am Samstag versammelten sich Gaddafi-Anhänger bei dem Militärgelände und schwenkten Gaddafi-Bilder.
Die libyschen Behörden ließen unterdessen einen italienischen Hochseeschlepper frei, der am 17. März in Tripolis festgesetzt worden war. Die "Asso 22" und ihre Besatzung seien frei, erklärte der Kapitän per Funk. Das berichteten italienische Medien am Samstag.