Ermittler vermuten, dass ein abruptes Wende-Manöver das Fährunglück ausgelöst hat.
Einen Tag nach dem Untergang einer Fähre vor der Südwestküste Südkoreas suchen die Rettungsmannschaften weiter fieberhaft nach Überlebenden unter den fast 300 Vermissten - darunter sehr viele Kinder. Jetzt macht ein böses Gerücht die Runde: Kapitän Lee Joon Seok soll als einer der ersten von Bord gegangen sein.
Die Zeitung "Korea Times" berichtet, dass der Kapitän und seine Crew die Passagiere - darunter mehr als 300 Schüler - ihrem Schicksal überlassen haben soll. Während die Passagiere in ihren Kabinen bleiben sollten, wartete die Crew an Deck auf Rettung. Unter einer grauen Kapuze versteckt gab der Kapitän TV-Reportern jetzt ein kurzes Interview. „Mir tut es wirklich sehr leid und ich bin tief beschämt“, sagte er. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Die Frage, weshalb er das Schiff verließ, beantwortete er nicht.
Starke Strömung erschwert Rettungsarbeiten
Die starke Strömung und schlechte Sicht erschwerten jedoch die Arbeiten an der Unglücksstelle, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS. Taucher sollten versuchen, ins Innere des gesunkenen Schiffs vorzudringen.
Die Küstenwache befürchtet, dass im Rumpf der "Sewol" ein Großteil der mehr als 470 Menschen an Bord eingeschlossen wurde. Nach Berichten der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap beteiligten sich 169 Boote und 29 Flugzeuge an der Suche nach Überlebenden.
Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg nach Angaben des Krisenstabs der Regierung vorerst auf neun. Einige der Opfer waren Schüler. 287 Menschen galten noch als vermisst. Es gebe nur wenig Hoffnung, dass die vermutlich im Inneren des gesunkenen Schiffes eingeschlossenen Menschen überlebt haben könnten, sagte Cho Yang-bok von den Rettungskräften dem Fernsehsender YTN.
Hunderte Schüler
An Bord der "Sewol" hatten sich den Angaben zufolge 475 Menschen befunden, darunter 325 Teenager von einer Oberschule aus einer Vorstadt von Seoul. Zusammen mit Lehrern waren sie auf einem Ausflug von der westlichen Küstenstadt Incheon zur südlichen Ferieninsel Cheju unterwegs, als das Schiff Mittwochfrüh in Seenot geraten war. Wenige Stunden später sank die mehrstöckige Fähre. Nur noch der Bugwulst ragte aus der Wasseroberfläche hervor.
Die Ermittlungszentrale der Küstenwache habe mittlerweile den Kapitän und weitere Besatzungsmitglieder befragt, berichtete KBS. Deren Aussagen ließen vermuten, dass ein ruckartiges Drehen des Schiffes im Zuge einer notwendigen Kursänderung vor der Insel Chindo zu der Katastrophe geführt haben könnte.
Bisher wurde auch nicht ausgeschlossen, dass die über 140 Meter lange Auto- und Personenfähre auf einen Felsen aufgelaufen sein könnte. Überlebende hatten von einem großen Knall vor dem Sinken des Schiffes gesprochen. Mehrere Überlebende berichteten, die Crew habe zunächst Anweisung gegeben, in den Kabinen oder auf den Sitzen zu bleiben. Als die Fähre auf die Seite gekippt sei, sei Panik ausgebrochen.