Im Gepäck hat er geheime Reformliste. Athen droht die Pleite.
Zum Auftakt eines zweitägigen Berlin-Besuchs ist Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montag mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammengetroffen. Der linke Regierungschef wurde von Merkel vor dem Kanzleramt mit militärischen Ehren begrüßt:
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Für Tsipras ist dies der erste Deutschland-Aufenthalt seit seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten Ende Jänner.
Pleite droht
Im Mittelpunkt steht der Streit um die Reformpolitik des pleitebedrohten Landes. Entscheidungen über weitere Schritte zur Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit Griechenlands
wurden von dem Treffen nicht erwartet.
Der griechische Regierungschef wollte Merkel eine Liste mit Reformen zur Überwindung der schweren Finanz- und Schuldenkrise seines Landes vorstellen. Damit hofft er, die europäischen und internationalen Geldgeber zur Auszahlung bereits in Aussicht gestellter Finanzhilfen zu bewegen. Diese benötigt er Berichten zufolge dringend, da seiner Regierung sonst schon Anfang April das Geld ausgehen könnte. Es sei klar, dass Merkel in dieser Frage nicht allein entscheiden könne, hieß es aus griechischen Regierungskreisen. Aber man hoffe, dass die Kanzlerin für Griechenland ein gutes Wort bei den Geldgebern einlegen werde.
Die Liste
Unmittelbar vor dem Besuch waren weitere Details der mit Spannung erwarteten Reformliste bekannt geworden. Demnach will die Regierungskoalition in Athen mit einem Mix aus Steuererhöhungen, Privatisierungen und dem Eintreiben von Steuerschulden Geld in die leeren Staatskassen spülen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen in Athen. Zudem berichteten griechische Medien, die Kontrolleure der internationalen Geldgeber hätten am Montag in Athen ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Erlaubnis der Regierung für diese Kontrollen ist eine der Voraussetzungen für weitere Finanzhilfen.
Tsipras, Vizeregierungschef Giannis Dragasakis und Finanzminister Gianis Varoufakis hatten am Wochenende intensiv an der Reformliste gearbeitet. Das endgültige Dokument und die Details würden noch ausgearbeitet, hieß es aus Regierungskreisen in Athen. Die internationalen Geldgeber haben die Umsetzung konkreter Reformen zur Bedingung für die Auszahlung bereits in Ausschicht gestellter Hilfsgelder gemacht.
Pensionen teuer
Zu den Plänen der griechischen Regierung gehört auch eine Reform des im europäischen Vergleich besonders teuren Pensionsystems. Dabei soll es um eine Heraufsetzung des Rentenalters und eine Verlängerung der für das Erreichen der vollen Rente notwendigen Beitragszeiten gehen. Dieses Vorhaben gilt als heikel, weil es zu den Wahlversprechen des Linksbündnisses zählte, die Renten nicht anzutasten.
Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen, die Schwarzgeld ins Ausland überwiesen haben, aufrufen, sich beim Finanzamt zu melden. "Wir wissen, wer sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten", sagte ein hoher Beamter im Finanzministerium der Deutschen Presse-Agentur. Die Außenstände sind enorm: Laut Finanzministerium schulden rund 3,7 Millionen Griechen und 447.000 Unternehmen dem Staat etwa 76 Milliarden Euro. Griechenland hat gut zehn Millionen Einwohner.