Südeuropäer erwarten weitere Sparmaßnahmen.
"Ein Triumph für die Königin des Spardiktats" - so titelte am Montag nach dem Wahlsieg von Angela Merkel die meistverkaufte griechische Tageszeitung "Ta Nea". Für das Blatt steht fest: "Europa wird Merkel-Land." Ähnlich sieht es "El Mundo" aus Spanien. Das Blatt titelte: "Merkel, Merkel über alles" - in Anspielung auf die vor allem zur Nazi-Zeit gesungene erste Strophe des Deutschland-Liedes. Das Blatt erklärte Merkels Erfolg aber nüchtern mit den vergleichsweise guten deutschen Wirtschaftsdaten, vor allem der niedrigen Arbeitslosenquote.
Griechen fürchten neue Sparvorgaben
Auch auf den Straßen Athens gab es wenig Unterstützung für Merkel, die in dem Euro-Krisenland als Hauptverantwortliche für die massiven Sparmaßnahmen angesehen wird und entsprechend unbeliebt ist. "Merkel ist gut für die Deutschen, aber für uns arme Leute im Süden ist es ein Desaster", sagte ein 36-Jähriger. Es werde weitere Sparvorgaben geben. Ein 56-Jähriger räumte dagegen ein: "Wir beschweren uns, aber wer sonst würde uns all das Geld geben?" Die Griechen müssten dies akzeptieren. Von der Regierung in Athen gab es zunächst keine Reaktion. Der Think Tank Eliamep betonte, die Regierung hoffe auf mehr Zugeständnisse.
Italiens Ministerpräsident Enrico Letta gratulierte Merkel: "Es ist ein wichtiges Resultat für Europa", sagte er dem Sender SkyTG24. Wichtig sei vor allem, dass die euro-kritische Partei AfD nicht in den Bundestag gekommen sei. "Ich denke, das ist ein gutes Signal." Finnland betonte, Merkel werde durch das Votum noch mächtiger in Europa. "Wenn sie eine bestimmte Sicht hat, wird sich diese Sicht in der einen oder anderen Form sicher durchsetzen", sagte Finnlands Europa-Minister Alexander Stubb dem Sender MTV3.
Der portugiesische Botschafter in Berlin, Luis de Almeida Sampaio, sagte der Tageszeitung "Diario de Noticias", Deutschland und die EU bräuchten Länder, die nach den milliardenschweren Rettungshilfen wieder auf eigenen Beinen stehen könnten. "Wir können die Erfolgsgeschichte in Südeuropa werden."
Spaniens Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo sagte Journalisten, Merkel arbeite viel mehr für Europa, als dies Kritiker ihr zugestehen würden. Es werde auch zu Euro-Bonds kommen - also gemeinsame Anleihen der Euro-Länder, die auf eine Vergemeinschaftung der Schulden hinauslaufen und von Deutschland bisher strikt abgelehnt werden. "Ich weiß nicht, wann sie kommen, aber es wird passieren", so der Spanier. Die linksgerichtete spanische Zeitung "El Periodico" betonte, dass die Euro-Krise Merkel nicht aus dem Amt gefegt habe - anders als den früheren französischen Präsidenten sowie die Ex-Ministerpräsidenten von Spanien und Italien.
Frankreich fordert große Koalition
In Frankreich forderte die konservative Tageszeitung "Le Figaro", dass Merkel den stotternden deutsch-französischen Motor in Europa wieder anwerfe. "Merkel sollte nun der europäischen Integration neues Leben einhauchen", schrieb das Blatt. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici sagte, er wünsche sich eine stärkere Integration, unter anderem durch die geplante Bankenunion, die die Aufsicht der Geldhäuser und deren Abwicklung im Krisenfall neu regeln soll. Es werde keinen Stillstand in den Verhandlungen geben, versicherte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier.
Der französische Europaminister Thierry Repentin sieht in einer möglichen Großen Koalition aus Union und SPD eine Chance für eine Verbesserung der Partnerschaft mit Deutschland. Für eine solche "Annäherung" zwischen Berlin und Paris müsste die SPD Merkel Zugeständnisse in der Sozialpolitik abringen, sagte der Sozialist am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Der auch für die Beziehungen zu Deutschland zuständige Minister nannte als Beispiel einen Mindestlohn, für den Frankreich sich auf europäischer Ebene stark macht.
Türkei hofft auf verstärkte Zusammenarbeit mit Deutschland
Die türkische Regierung hofft nach der Wiederwahl Merkels auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit Deutschland. Vize-Regierungschef Bülent Arinc gratulierte Merkel am Montag zum Wahlsieg. Arinc sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi, er hoffe, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern an Fahrt aufnähmen. Er erwarte, dass Merkel künftig mehr Wert auf die Zusammenarbeit mit der Türkei legen werde.
Merkels ablehnende Haltung zu einer EU-Mitgliedschaft der Türkei sorgt in Ankara regelmäßig für Missmut. Zuletzt hatte Merkels Kritik an der Polizeigewalt bei den landesweiten Demonstrationen in der Türkei zu Protesten Ankaras geführt.
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