Kunst-Phantom lässt alle Bilder freiwillig auf ihre Herkunft untersuchen.
Der Kunstsammler Cornelius Gurlitt hat fünf Monate nach dem Bekanntwerden seiner sensationellen Bildersammlung zugestimmt, unter Raubkunstverdacht stehende Werke gegebenenfalls zurückzugeben. Der 81-Jährige einigte sich vertraglich mit Bayern und der deutschen Bundesregierung, wie alle Seiten am Montag mitteilten. Gurlitt bekommt seine Bilder spätestens innerhalb eines Jahres zurück.
Bis dahin darf Gurlitt seine Bilder besuchen. "Er erhält Zugang zu den Kunstgegenständen, darf Bilder besichtigen", teilte sein Betreuer Christoph Edel mit. "Er nimmt damit auf vorbildliche Weise moralische Verantwortung wahr und gibt ein gutes Beispiel - jenseits einer aus unserer Sicht eindeutigen rechtlichen Situation."
Die beschlagnahmten Werke, die unter Raubkunstverdacht stehen, bleiben so lange in gesichertem Gewahrsam und außerdem in der Online-Plattform "Lost Art". Die Taskforce "Schwabinger Kunstfund" werde alle betroffenen Bilder binnen eines Jahres überprüfen.
"Kunstwerke, für die innerhalb der Jahresfrist die Provenienzrecherche durch die Taskforce nicht abgeschlossen wurde, werden an Cornelius Gurlitt herausgegeben", heißt es in der Mitteilung. "Soweit Restitutionsansprüche angemeldet wurden oder bestehen können, bleiben die Werke auch nach Jahresablauf in treuhänderischer Verwahrung."
Gurlitt darf einen Wissenschafter an Taskforce entsenden
Gurlitt darf künftig zumindest einen Wissenschafter an die Taskforce entsenden, damit die Wahrung seiner Interessen garantiert bleibt. Die Kosten für die Provenienzrecherche (Forschung nach der Herkunft) übernehmen der Bund und der Freistaat Bayern. Das gilt auch für Bilder aus dem Besitz Gurlitts, die zurzeit nicht beschlagnahmt sind.
Auch in seinem Salzburger Haus waren zahlreiche wertvolle Bilder gefunden worden, auf die die deutschen Behörden allerdings keinen Zugriff haben. In dem verwahrlost wirkenden Anwesen in Österreich wurden 238 Kunstgegenstände gefunden - darunter Ölgemälde und Aquarelle von Monet, Renoir, Manet, Gauguin, Liebermann, Cézanne und Nolde sowie Zeichnungen von Picasso und Munch.
Anfang 2012 hatten Steuerfahnder im Zuge von Ermittlungen in der Münchner Wohnung Gurlitts rund 1.280 Kunstwerke entdeckt und beschlagnahmt. Rund 500 der zum Teil sehr wertvollen Objekte stehen im Verdacht, Nazi-Raubkunst zu sein.
Bereits vor einigen Wochen hatte Gurlitt sich bereit erklärt, Bilder unter Raubkunst-Verdacht zu prüfen und die Werke gegebenenfalls an Vorbesitzer zurückzugeben - damals allerdings waren weder die Bundesregierung noch der Freistaat Bayern mit im Boot.
Die für einen baldigen Zeitpunkt geplante Rückgabe der "Sitzenden Frau" von Henri Matisse handelten Gurlitt und seine Anwälte allein mit den Erben des jüdischen Kunsthändlers Paul Rosenberg aus. Nachdem sich nun ein weiterer Anspruchsteller gemeldet hat, dürfte sich eine Rückgabe allerdings mindestens verzögern.
"Auf der ganzen Welt schaut man darauf, welche Antwort wir auf diese Fragen finden - und diese Vereinbarung ist eine gute Antwort", sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU). "Ich wollte immer, dass mit Herrn Gurlitt geredet und eine einvernehmliche Lösung für den weiteren Umgang mit den Bildern gefunden wird. Er steht zu seiner moralischen Verantwortung. Das erkenne ich ausdrücklich an."
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) freute sich über die Einigung und sagte: "Mit der nun getroffenen Vereinbarung schaffen wir die notwendige Grundlage für faire und gerechte Lösungen insbesondere durch Restitution."