Cornelius Gurlit (80) über die Vorwürfe gegen ihn: „Freiwillig gebe ich nichts zurück.“
Bisher war Kunsterbe Cornelius Gurlitt ein Phantom. Der 80-Jährige, in dessen Münchner Wohnung 1.406 Meisterwerke um rund eine Milliarde Euro gefunden wurden, versteckte sich, schwieg. Nun gab er einer Spiegel-Reporterin erstmals ein Interview.
Kernaussage: „Freiwillig gebe ich nichts zurück.“ Sein Vater Hildebrand Gurlitt, Hitlers Chef-Kunsthändler, habe die Bilder schließlich „rechtmäßig erworben“.
Gurlitt hat die Bilder von Chagall, Matisse, Picasso, Kokoschka, Beckmann 1956 geerbt. Seine Lebensaufgabe war es, den Schatz seines Vaters zu hüten. Still. Geheim. Allein: „Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben.“
Keine Frau, kein Freund, bezahlt wird stets bar
Gurlitt lebt allein. Bezieht keine Rente, hat keine Versicherung. „Hartz IV“ hält er für eine Krankheit. Muss er zum Arzt, bezahlt er bar. Ging ihm das Geld aus, verkaufte er ein Bild. Zuletzt 2011 Beckmanns Löwenbändiger um 725.000 Euro. 400.000 behielt er für sich, der Rest ging an Beckmanns Erben. Eigentlich wollte er einen Liebermann hergeben – aber den habe er nicht von der Wand herunterbekommen.
Gemeldet war Gurlitt nur in Salzburg, Carl-Storch-Straße 9. Dort besitzt er ein kleines Haus, bezahlt dafür in Österreich Steuer. Vor rund zwei Jahren musste er in Salzburg sogar ins Spital. Herzschwäche. Ein Monat blieb er. Auch diesen Aufenthalt bezahlte er cash.
Gurlitt ist herzkrank. Sein Gesicht ist blass, die Augen tränen. Von dem Wirbel um seine Person ist er geschockt: „Ich habe doch nur mit den Bildern leben wollen“, sagt er. Und: „Wenn ich tot bin, können sie damit machen, was sie wollen.“
Gurlitt: "Ich habe nur mit meinen Bildern gelebt"
Kunsterbe Cornelius Gurlitt versucht, die Vorwürfe gegen ihn zu entschärfen.
Gurlitt über die 1.406 Meisterwerke: „Ich hatte nie etwas mit der Anschaffung zu tun, nur mit der Rettung. Freiwillig gebe ich nichts zurück.“ Schließlich habe sein Vater die Kunstwerke „rechtmäßig erworben“.
Über die Medien, die vor seiner Wohnung lauern: „Das ist eine Büberei. Ich bin doch nicht Boris Becker, was wollen diese Menschen nur von mir? Ich bin doch etwas ganz Stilles. Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen. Warum fotografieren die mich für diese Zeitungen, in denen sonst nur Halbweltgestalten abgelichtet werden?“
Über seine geliebten Bilder: „Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben.“
Über die Beschlagnahmung seiner Kunstwerke: „Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin. Es gibt Leute, die mit 97 noch Bergsteiger sind, aber ich werde nicht so alt.“
Über die Behörden: „Justiz und Öffentlichkeit stellen alles falsch dar.“ Der Staatsanwaltschaft habe er genug Belege geliefert, die ihn von jedem Verdacht entlasten würden.
Über seinen Vater Hildebrand Gurlitt, Hitlers Kunsthändler: Der habe es nicht leicht gehabt, da er „rassisch nicht einwandfrei“ war. „Mein Vater wurde oft vertrieben, er ist oft gestürzt, aber er stand immer wieder auf. Ich bin nicht so mutig wie mein Vater. Er hat für die Kunst gelebt und für sie gekämpft. Der Staatsanwalt muss den Ruf von meinem Vater geraderücken.“
Über Konten in der Schweiz: „Ich habe nie illegal und unverzollt etwas in die Schweiz gebracht. Sollen sie doch in der Schweiz anfragen, die werden schon merken, dass ich da nichts habe.“
Karl Wendl