Massiver Internet-Ausfall
Hacker-Angriff? Millionen Chinesen offline
21.01.2014
Chinas Internet-Verkehr auf amerikanische IP umgeleitet. Ursache unklar.
Durch einen massiven Ausfall des Internets in China hatten Millionen Menschen am Dienstag plötzlich keinen Zugang mehr zu Webseiten, sozialen Medien oder anderen Online-Diensten. Die Ursache der ungewöhnlichen Unterbrechung könnte ein Hackerangriff gewesen sein, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.
Umleitung auf amerikanische IP in Kalifornien
Nach offiziell unbestätigten Medienberichten sollen zwei Drittel des chinesischen Internets betroffenen gewesen sein. Der Internetverkehr sei aus ungeklärter Ursache auf die amerikanische IP-Adresse 65.49.2.178 in Kalifornien umgeleitet worden, die nicht reagiert habe. Der Zugriff auf Webseiten habe somit nur noch Fehlernachrichten erzeugt. Die Root-Server des chinesischen Domain-Namensystems (DNS), die Namen von Webseiten in numerische Adressen umwandeln, hätten nicht mehr richtig funktioniert, berichtete das China Internet Network Information Center laut Xinhua.
Solche Fehler hätten auch durch Hacker ausgenutzt werden können, indem die IP-Adresse benutzt worden sein könnte, um Informationen über Nutzer abzufischen, sagte demnach Song Yingqiao, ein Experte der Online-Sicherheitsfirma 360 Safe Guard. Die Möglichkeit eines Hackerangriffs könne nicht ausgeschlossen werden, sagte auch Dong Fang, ein anderer Internetexperte, laut Xinhua. "Theoretisch könnten Hacker die Kontrolle über die Server übernommen haben."
Wiederherstellung des Netzes dauert bis zu 12 Stunden
Der schwerwiegende Internetausfall hatte nach den Berichten gegen 15.00 Uhr Ortszeit (08.00 Uhr MESZ) begonnen. Die meisten Webseiten seien etwa zwei Stunden später wieder zugänglich gewesen. Doch könnte eine komplette Wiederherstellung des Internets bis zu zwölf Stunden dauern, berichtete der chinesische Internetanbieter DNSpod der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post". Viele Dienste von Online-Riesen wie der Suchmaschine Baidu oder der großen Portale Sina und Tencent mit seinen Kurznachrichtendiensten seien stundenlang nicht zugänglich gewesen.
Die Zieladresse in Kalifornien, auf die der Internetverkehr merkwürdigerweise umgeleitet wurde, gehört dem Webhoster Sophidea, wo - aus chinesischer Sicht - auch heikle Webseiten beheimatet sind, darunter die "Epoch Times", eine Zeitung der in China verbotenen Kultbewegung Falun Gong. Mitglieder der chinesischen Internetgemeinde spekulierten, die chinesische Zensur habe versucht, die Adresse zu sperren, aber versehentlich den chinesischen Internetverkehr nach Kalifornien geleitet.
Andere Nutzer fragten sich, ob der Ausfall durch eine Modernisierung der "Großen Firewall", des großen Schutzwalls gegen missliebige Internetseiten, passiert sein könnte. Doch hielten Experten einen Hackerangriff für wahrscheinlicher. "Eine Verbesserung der nationalen Firewall ist normalerweise ein schrittweiser Prozess, der sorgfältiges Vorgehen erfordert und wahrscheinlich nicht die Server lahmlegt", sagte ein Pekinger Experte, der anonym bleiben wollte, der "South China Morning Post".
"Tunneldieneste" waren nicht betroffen
Nur Internetnutzer, die einen Tunneldienst zur Umgehung der Zensur und Blockaden benutzen, waren nicht von dem Ausfall betroffen. Solche meist kommerziellen Virtual Private Networks (VPN) betreiben Server im Ausland, über die Nutzer dann verschlüsselt im Internet surfen. Da Facebook, Twitter, Youtube und eine große Zahl kritischer Webseiten oder Zeitungen wie die "New York Times" in China gesperrt sind, sind diese Tunneldienste in China sehr beliebt.