Wegen IS-Mitgliedschaft

Haftstrafe für deutschen Konvertiten

04.03.2016

Der Mann hatte dem Sturmtrupp der Miliz in Syrien angehört.

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Wegen Mitgliedschaft in der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am Freitag den deutschen Konvertiten Nils D. zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der 25-Jährige aus dem nordrhein-westfälischen Dinslaken hatte in Syrien einer Spezialeinheit des IS angehört, zu deren Aufgaben unter anderem die Festnahme von Deserteuren zählte.

Geringes Strafmaß
Das Gericht blieb mit dem Strafmaß deutlich unter der Höchststrafe von zehn Jahren, die das Gesetz für Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung vorsieht. D. hatte allerdings in Polizeiverhören und in dem Düsseldorfer Prozess ausführlich über Strukturen und Mitglieder der Jihadistenmiliz ausgesagt. Diese "umfangreichen Angaben" rechtfertigten eine Strafmilderung, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza in der knapp zweistündigen Urteilsbegründung.

Auch sei nicht zu befürchten, dass sich D. noch einmal dem IS anschließen werde. Vielmehr habe er mit seinen umfassenden Schilderungen "aus Sicht der Organisation einen Verrat begangen".

IS-Sturmtrupp
D. hatte laut Urteil vom Frühjahr bis zum Herbst 2014 in Syrien dem sogenannten IS-Sturmtrupp angehört und war demnach an mindestens zehn Einsätzen der Gruppe gegen Deserteure oder angebliche Verräter beteiligt. Dabei habe er zwar nicht selbst von der Schusswaffe Gebrauch gemacht, sagte die Richterin. Ihm sei jedoch bewusst gewesen, dass von dem Sturmtrupp Festgenommene gefoltert und getötet wurden.

"Der Angeklagte identifizierte sich mit den Zielen des IS", hob Havliza hervor. Er habe in Syrien mehreren Erschießungen und Enthauptungen durch die Jihadistenmiliz beigewohnt. In einem Fall sei ein Delinquent nach der Hinrichtung gekreuzigt worden, die Leiche habe man dann drei Tage an dem Kreuz hängen lassen. D. selbst habe auf Anweisung von IS-Befehlshabern eine Leiche auf einer Müllhalde entsorgt.

Islamistische Gesinnung
D. hatte sich bis Ende 2014 in Syrien aufgehalten. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Deutschland behielt er nach Überzeugung des Düsseldorfer Staatsschutzsenats seine islamistische Gesinnung weitgehend bei. Nach seiner Festnahme im Jänner 2015 habe es rund ein halbes Jahr gedauert, bis D. sich schließlich zu einem Geständnis entschieden habe - um einer hohen Haftstrafe zu entgehen.

Die Aussagen des deutschen Konvertiten vor den Sicherheitsbehörden führten Havliza zufolge in sechs Fällen zu Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft beziehungsweise zum Erlass von Haftbefehlen gegen Verdächtige. Die Vorsitzende Richterin verwies in der Urteilsbegründung auf die Expertise eines Sachverständigen, wonach D. zahlreiche bisher unbekannte Details aus dem Innenleben des IS preisgegeben habe.

Konkreter Auftrag
Die Richterin hob allerdings auch hervor, es gebe "einige Anhaltspunkte", dass D. womöglich mit einem konkreten Auftrag des IS nach Deutschland zurückgekehrt sei. Gegen entsprechende Indizien spreche aber letztlich die Aussagebereitschaft des Angeklagten.

Ausführlich ging Havliza auf die Radikalisierung des gebürtigen Dinslakeners ein, der sich 2013 in seiner Heimatstadt der berüchtigten Jihadistengruppe "Lohberger Brigade" angeschlossen hatte. Der in seiner Jugendzeit wegen kleinerer Delikte verurteilte frühere Drogenkonsument habe sich zunächst nicht für Religion interessiert.

Konvertierter Cousin
In Kontakt zum Islam kam D, der bereits mit 15 Jahren Vater einer Tochter geworden war, durch seinen konvertierten Cousin. Dieser Verwandte kam später bei einem Selbstmordanschlag im Nordirak ums Leben. Von seinem Cousin lernte D. der Richterin zufolge "keinen gemäßigten Islam" kennen. Vielmehr sei D. "ausschließlich die salafistisch geprägte Denkweise" vermittelt worden.
 

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