Humanitäre Lage im Gazastreifen immer problematischer.
Erstmals seit Ausbruch des jüngsten Nahost-Konflikts sind israelische Soldaten durch Beschuss von militanten Palästinensern getötet worden. Ein Reserve-Major und ein Unteroffizier kamen am Samstag bei einem Gefecht mit Kämpfern der radikal-islamischen Hamas ums Leben, wie die israelische Armee bestätigte. Die Palästinenser waren durch einen Tunnel aus dem Gazastreifen in Israel eingedrungen.
Eine Streife des israelischen Militärs entdeckte die Hamas-Kämpfer am Samstagvormittag auf der israelischen Seite der Gaza-Grenze, bevor sie eine nahe gelegene israelische Ortschaft zu attackieren vermochten, wie die Armee mitteilte. Demnach wurde bei dem anschließenden Gefecht ein Angreifer getötet. Die anderen zogen sich durch den Tunnel nach Gaza zurück. Es handelte sich um den zweiten derartigen Angriff militanter Palästinenser durch einen Tunnel binnen drei Tagen.
Bodenoffensive
Nach Beginn der israelischen Bodenoffensive in der Nacht auf Freitag stieg die Zahl der Opfer unter den Palästinensern im Gazastreifen deutlich. Es gebe mittlerweile 341 Tote, teilte der Leiter der palästinensischen Rettungsdienste, Ashraf al-Kidra, mit. Zudem seien insgesamt 2.560 Menschen verletzt worden. Auf israelischer Seite stieg die Anzahl der Todesopfer auf insgesamt fünf, davon zwei Zivilisten und drei Soldaten. Einer von den Soldaten starb in der Nacht auf Freitag, als er irrtümlich aus den eigenen Reihen beschossen wurde.
Israel will trotz steigender Opferzahlen seine Offensive im Gazastreifen ausweiten. Die Armee rief am Samstag rund 50.000 Bewohner der Flüchtlingslager Al-Bureij und Al-Maasi auf, ihre Unterkünfte zu verlassen. Die Lager befinden sich im Zentrum des kleinen Palästinensergebietes am Mittelmeer. "Wir wollen die Operationen ausweiten und nach unseren Erfordernissen ausrichten", sagte der israelische Generalstabschef Benny Gantz am Samstag.
Israel hatte am 8. Juli erstmals wieder Stellungen der Hamas im Gazastreifen angegriffen. Ziel der nachfolgenden Bodenoffensive sei es vor allem, das verzweigte Tunnelsystem der Hamas inner- und außerhalb des Gazastreifens zu zerstören, hieß es. Auch der Beschuss Israels durch Raketen der Militanten soll gestoppt werden. Die Bodenoffensive wird von den israelischen Streitkräften mit schwerem Raketenbeschuss unterstützt.
Zivilbevölkerung
Für die Zivilbevölkerung in Gaza wird die humanitäre Lage immer unerträglicher. Zur permanenten Todes- und Verletzungsgefahr kommen lang anhaltende Stromausfälle und der Zusammenbruch der Wasserversorgung. Immer mehr Menschen fliehen vor den israelischen Angriffen. 61.500 Palästinenser hätten in den Schulen des Flüchtlingshilfswerks UNRWA Schutz gesucht, teilte UNRWA-Sprecher Chris Gunness am Samstag mit. Das seien mehr als beim letzten großen bewaffneten Konflikt in Gaza um die Jahreswende 2008/09, fügte Gunness hinzu.
Ein Ende des blutigen Konflikts war auch am Samstag nicht in Sicht. Ägypten warb für seinen Fahrplan für eine Waffenruhe, ohne Bereitschaft zu einem Nachbessern gezeigt zu haben. Der am Dienstag vorgelegte Entwurf hatte die Wünsche der Hamas nicht berücksichtigt und war von dieser abgelehnt worden. "Wir werden den Plan weiter anbieten und hoffen, sobald wie möglich Unterstützung dafür zu bekommen", erklärte Außenminister Sami Shukri bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius in Kairo.
Kritik von Faymann
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kritisiert unterdessen die EU-Außenpolitik in der Nahostfrage als "zu passiv". "Ein stärkeres Engagement wäre wichtig", forderte Faymann gegenüber der Tageszeitung "Österreich" (Sonntagsausgabe) laut Vorausmeldung. "Nur nach Waffenruhe zu rufen" ist dem SPÖ-Chef "zu wenig". Die Situation in Israel und dem Gazastreifen bezeichnete Faymann als "verheerend".
Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt waren die Entführung und Ermordung von drei israelischen Teenagern und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen. Eine 2012 vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, ist daraufhin wohl endgültig gescheitert.