SPD-Triumph, CDU-Schlappe
Hamburg-Wahl: FDP und AfD schaffen 5 Prozent
23.02.2020
Die im Bund kriselnde SPD festigt bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg ihre Macht - Die Grünen erstarken, bleiben aber in der Juniorrolle - Für alle anderen Parteien sieht es schlecht aus.
Hamburg. Sozialdemokraten und Grüne haben die Regionalwahl im deutschen Bundesland Hamburg klar gewonnen. Sie können die letzte verbliebene rot-grüne Koalition in Bund und deutschen Ländern fortsetzen. SPD-Spitzenmann Peter Tschentscher bleibt Bürgermeister. Die FDP und die AfD schafften den Einzug ins Landesparlament nach Auszählungsstand Sonntagabend knapp. Die CDU brach ein.
Trotz Stimmenverlusten setzte sich die SPD in Hamburg vom jahrelangen Negativtrend der Partei auf nationaler Ebene ab und wurde mit Abstand stärkste Partei. Die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel rutschten auf ihr deutschlandweit schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen seit knapp 70 Jahren ab.
Überraschend musste die zuletzt in allen Bundesländern erfolgreiche rechtspopulistische AfD am Abend um ihren Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen - ebenso wie die FDP (Liberale). Nach Auszählungsstand Sonntagabend schafften es beide knapp. Die Abstimmung in der Hansestadt ist nach derzeitigem Stand die einzige Landtagswahl in Deutschland in diesem Jahr.
Wie die Landeswahlleitung am Sonntagabend mitteilte, kommt die SPD nach vereinfachter Auszählung der für die Parteien auf den Landeslisten abgegebenen Stimmen auf 39,0 Prozent (2015: 45,6 Prozent). Die Grünen konnten mit 24,2 Prozent (2015: 12,3) ihren Stimmenanteil in etwa verdoppeln. Die CDU landete mit nur noch 11,2 Prozent (2015: 15,9) auf Platz drei. Die Linke kam auf 9,1 Prozent (2015: 8,5)
Die AfD, die bei drei Landtagswahlen in Ostdeutschland 2019 jeweils weit über 20 Prozent gekommen war, lag bei mageren 5,3 Prozent (2015: 6,1) knapp über der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament. Die Liberalen (FDP) schafften es mit 5,0 Prozent (2015: 7,4).
Die voraussichtliche Verteilung der 121 Bürgerschaftssitze würde laut Landeswahlleiter Oliver Rudolf folgendes Ergebnis bringen: SPD 51, Grüne 31, CDU 14, Linke 12, AfD 7 und FDP 6 Sitze. Da zunächst nur die auf die Parteien entfallenen Stimmen der Landeslisten ausgezählt wurden, kann sich an der Sitzverteilung noch etwas ändern. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird erst für Montagabend erwartet.
Die Hansestadt Hamburg ist mit 1,85 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Deutschland. Wie die Hauptstadt Berlin ist sie ein eigenes Bundesland. Die Sozialdemokraten stellten dort seit dem Zweiten Weltkrieg die meiste Zeit den Regierungschef.
Der Erfolg der Sozialdemokraten in einer ihrer letzten Hochburgen könnte die große Koalition aus CDU, CSU und SPD in Berlin stabilisieren. Die SPD, die um die Jahrtausendwende noch den Bundeskanzler stellte, ist in Deutschland seit Jahren im Sinkflug und kam bei der Europawahl 2019 nur noch auf 15,8 Prozent. Die "GroKo" (große Koalition) wurde daher in der Partei lautstark in Frage gestellt.
Das Hamburger Ergebnis bestätigt auch den Aufstieg der Grünen in Deutschland, die sich seit der Europawahl als zweitstärkste Kraft auf nationaler Ebene hinter den Christdemokraten etabliert haben. In Hamburg waren sie bei der Europawahl, wie in neun der zehn größten deutschen Städte, stärkste Kraft geworden. Bei der Bürgerschaftswahl wirkte aber anscheinend der Amtsbonus des populären Bürgermeisters Tschentscher zugunsten der SPD.
So bescheinigten in einer aktuellen Umfrage 67 Prozent der Hamburger Tschentscher eine gute politische Arbeit. 56 Prozent sagten, er sei das Hauptargument, SPD zu wählen. Auch die gute wirtschaftliche Lage der Hansestadt kam den Regierungsparteien zugute. 88 Prozent der Bürger sagten, sie seien mit ihrer wirtschaftlichen Situation zufrieden.
Die jüngsten Ereignisse bei der gescheiterten Regierungsbildung in Thüringen kosteten laut Nachwahlbefragungen vor allem die FDP Stimmen. In dem ostdeutschen Bundesland war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich am 5. Februar überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden - weil außer den Christdemokraten auch die Abgeordneten der AfD für ihn stimmten. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten hatten aber alle Parteien zuvor ausgeschlossen, und Kemmerich trat nach wenigen Tagen zurück.
Im Gefolge der Thüringer Ereignisse kündigte auch die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug an. Bei den Christdemokraten ist nun der Kampf um ihre Nachfolge im Gange.
Die nächste Bundestagswahl steht in Deutschland regulär im Herbst 2021 an. Merkel will dann nicht mehr kandidieren. Der oder die neue CDU-Vorsitzende hätte gute Chancen auf ihre Nachfolge.