Mikroplastik findet sich mittlerweile überall: im Meer, im Boden, im Gletschereis, im menschlichen Körper. Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes im Auftrag der Arbeiterkammer Salzburg hat nun auch in zahlreichen Softdrinks Kunststoff-Partikel unterschiedlicher Art gefunden.
Über die möglichen Langzeitfolgen ist allerdings noch wenig bekannt. Experten plädieren dennoch dafür, den Mikroplastikeintrag zu reduzieren. Dazu können auch die Konsumenten beitragen.
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15 Limonaden und 5 Eistees von im Lebensmittelhandel erhältlichen Marken und Herstellern wurden im Labor des Umweltbundesamts mit einem Spektroskop auf Mikroplastikpartikel in einer Größe von 0,025 bis 0,5 Millimeter untersucht. In 17 der 20 Proben wurden tatsächlich Mikroplastikpartikel unterschiedlicher Art entdeckt - also in 85 Prozent der Getränke. Im Mittel wurden 5,6 Stück pro Liter Softdrink gefunden, der Maximalwert lag bei 22,7. Dieses Getränk dürfte allerdings über einen Fremdeintrag bei der Produktion belastet worden sein. Es stammt vom gleichen Hersteller, wie auch der am wenigsten belastete Softdrink. Was zudem auffiel: Recycelte oder teilrecycelte Flaschen waren unter den am wenigsten belasteten Proben.
Zahlreiche "Einfallswege" für kleinste Plastikteilchen
Die Flaschen bestanden alle aus PET, die Verschlüsse alle aus Polyethylen (PE), die Etiketten vorwiegend aus Polypropylen (PP). Diese drei Kunststoffe wurden auch am häufigsten nachgewiesen. "Für PET und PE ist ein Eintrag über die Verpackung und die Verschlüsse am wahrscheinlichsten, da ein direkter Kontakt mit dem Inhalt besteht", sagte Helene Walch vom Umweltbundesamt. Dazu kämen zahlreiche weitere mögliche Eintragspfade - vor allem was vier weitere in den Softdrinks entdeckte Kunststoffe betrifft. "Das können Einträge aus der Produktion sein, etwa aus Schläuchen oder Dichtungen. Oder Einträge über die verwendeten Rohstoffe. Zutaten wie Zucker, Aromen oder Sirupe werden selbst ja auch verpackt geliefert."
Auch aus der Umgebungsluft könne Mikroplastik in die Getränke gelangen. "Etwa der Abrieb von Textilien oder von Schutzausrüstung wie Handschuhe, Schuhüberzieher, Folienmäntel oder Haarnetze", erklärte Walch. Wenig verdächtig sei hingegen das Grundwasser, das in Österreich noch äußerst gering mit Mikroplastik belastet sei. "Wir wissen aber nicht, ob alle Flaschen auch in Österreich abgefüllt wurden."
Festlegung von Grenzwerten schwierig
Die Mengen an Mikroplastik in den meisten Getränken seien aber gering, in einigen Fällen auch nicht nachweisbar gewesen. "Im Vergleich zu Daten aus anderen Studien besteht kein unmittelbarer Grund zur Besorgnis", resümierte Walch. "Die Studie zeigt auch auf, dass wir uns heute einer Exposition mit Mikroplastik nicht mehr entziehen können. Da wir aber noch nicht wissen, ab welcher Menge Konsequenzen für den Menschen zu erwarten sind, sind Grenzwerte schwierig."
Das grundsätzliche Problem: "Die Kunststoffe sind fest, unlöslich und biologisch nicht abbaubar. Sie werden kleiner, lösen sich aber in ihrer Struktur nicht auf", betonte AK-Konsumentenschützerin Martina Plazer. Durch Alterungsprozesse, Verwitterung, mechanischen Abrieb oder das Waschen synthetischer Textilien könne Mikroplastik über Nahrung, Luft und zum Teil auch über die Haut vom Menschen aufgenommen werden.
AK wünscht sich von Abfüllern mehr Maßnahmen
"Studien legen nahe, dass kleine Plastikpartikel etwa im Magen-Darm-Trakt Immunzellen aktivieren und für Entzündungen sorgen - was chronische Krankheiten auslösen kann", berichtete Plazer. Allerdings gebe es bisher noch kaum Untersuchungen, die die klare Gesundheitsgefährdung durch Langzeitexposition belegen.
Aus Sicht der Konsumentenschützer wären dennoch Maßnahmen gegen Mikroplastik in Lebensmitteln wünschenswert. "Wir würden uns eine klarere Information zur Art der Verpackung und zu möglichen Belastungen wünschen", betonte auch AK-Experte Stefan Göweil. Betriebe sollten alles unternehmen, um mögliche Gesundheitsrisiken zu verhindern. "Das heißt strenge Regularien und Kontrollen: Abfüllprozesse gut überwachen, Filtersysteme, Einsatz von mehr nachhaltigeren Verpackungen. Da dominieren nach wie vor die Kunststoffe." Zudem brauche es standardisierte Untersuchungsmethoden und Beurteilungskriterien, auch international. Die vorherige Bundesregierung habe etwa einen Aktionsplan Mikroplastik initiiert, der heuer auslaufe. "Wir waren überrascht, dass der Begriff Mikroplastik im Programm der neuen Bundesregierung nicht einmal vorkommt", so Göweil.
Tipps zur Vermeidung zur Aufnahme von zu viel Mikroplastik
Zu weniger Mikroplastik im Körper können auch die Konsumentinnen und Konsumenten beitragen: "Plastik und Wärme stellen keine gute Kombination dar, ebenso wenig wie Plastik in Verbindung mit mechanischer Beanspruchung", sagte AK-Expertin Plazer. "Plastikflaschen darum nicht in Sonne oder Hitze stehen lassen, nicht quetschen, nicht stark schütteln. Und je öfter man die Flaschen öffnet und schließt, desto mehr Abrieb entsteht."
Generell sollten Lebensmittel vor dem Erwärmen (etwa in der Mikrowelle) aus Plastikbehältern entfernt werden. Auch Kaffeekapseln aus Plastik, Mixen in Plastikschüsseln, Plastikschneidbretter, Plastikmahlwerke bei Gewürzen und generell Einwegplastikflaschen sollten vermieden werden. Auch das häufige Verzehren von filtrierenden Tieren, wie Muscheln und Garnelen, kann eine erhöhte Mikroplastik-Aufnahme mit sich bringen.
Eine weitere Studie des Umweltbundesamtes kam auch zum Schluss, wenig verarbeitete Lebensmittel vorzuziehen. "Weil bei hoch verarbeiteten Produkten während der Herstellung wesentlich mehr potenzielle Eintragungspfade für Mikroplastik bestehen", sagte Walch, die heute übrigens keine klare Empfehlung zu einer bestimmten Getränkeverpackung abgeben wollte. Plastikverschlüsse auf Glasflaschen würden etwa zu einem höheren Abrieb neigen, und mitunter seien Dosen innen auch mit Kunststoff beschichtet.