Die gegenseitigen Schuldzuweisungen gehen nach dem Massaker an der "Sandy Hook"-Volksschule in Newtown (Connecticut) munter weiter: Laxe Waffengesetze? Gewalt in Filmen? Blutorgien auf PC-Schirmen? Niemand will es gewesen sein! Wir werden wohl nie genau wissen, warum Sonderling Adam Lanza (20) zwanzig Erstklassler und sechs Erwachsene am 14. Dezember mit einem Sturmgewehr massakrierte. Doch das bisherige, wilde "Fingerpointing" hilft wenig bei der Debatte zur Verhinderung künftiger Tragödien.
Und Arnie, der wenige Wochen nach der vielleicht dunkelsten Stunde Amerikas mit der Ballerorgie "The Last Stand" sein Kino-Comeback feiert, macht hier keine Ausnahme: Waffengewalt in Filmen sei nichts als Unterhaltung und habe nichts zu tun mit dieser "unvorstellbaren Tragödie", sagte er in Interviews vor dem US-Kinostart am 18. Jänner. Natürlich. Arnie verwies lieber auf Defizite bei der Betreuung geistig Behinderter und hinterfragte - sicher berechtigt - den Erziehungsstil der ebenfalls getöteten Mutter, die Waffen hortete und den Killer am Schießplatz mitnahm. Ähnlich alle Schuld von sich gewiesen hatte zuvor ein ebenso irritierter Quentin Tarantino, dessen Blutorgie "Django Unchained" Premiere feierte als durch Newtown die Särge mit den Volksschulkindern rollten. Man fühlt sich Hollywood unangenehm berührt. Mehr aber auch nicht.
Vielleicht liegt es daran, dass auch alle anderen die Hintergründe überall orten außer in ihrem eigenen Einflussbereich: Der an Gaddafi in seinen finalen Tagen erinnernde Chef der Waffenlobby NRA, Wayne LaPierre, nannte wiederum Hollywood und Video-Spiele als Auslöser für die "Tat eines Monsters". 300 Millionen Waffen im Umlauf? Maschinengewehre mit Riesenmagazinen so leicht erhältlich wie iPads? Kein Zusammenhang natürlich, winkte LaPierre in seiner irren Tirade ab. Im Gegenteil: Nur Bewaffnete in Schulen könnten künftig Kinder retten.
Das erbärmliche Fingerzeigen hat natürlich Methode: Es soll Zeit gewonnen werden. Das kollektive Vergessen ist im Zeitalter immer schnellerer News-Zyklen ohnehin bereits beschleunigt. Nach ein paar berührenden Storys über den ersten Schultag nach dem Massaker letzten Donnerstag ist Sandy-Hook bereits weitgehend aus der täglichen Berichterstattung verschwunden.
Es liegt damit letztendlich an US-Präsidenten Barack Obama, dass diesmal wirklich "alles anders ist", wie in den Tagen der Tränen in Newtown ständig beteuert wurde. Klar ist, dass Obama das Blutbad so persönlich berührte wie nichts zuvor. Das nun veröffentlichte Foto, das ihn beim Überbringen der Nachrichten mit versteinerter Mine im Oval Office zeigt, spricht Bände. Er bezeichnet in einem Interview den Moment als "dunkelste Stunde seiner Präsidentschaft".
Laut einem Report der Washington Post plant Obama – der Vize Biden mit der Ausarbeitung von Vorschlägen beauftragte – tatsächlich weitreichende Verschärfungen der Waffengesetze, die über Verbote von Sturmgewehren und großen Magazinen hinausreichen: Erwogen werden zusätzlich strengere Background-Checks, eine Waffen-Datenbank und höhere Strafen für das Tragen von Waffen nahe Schulen. Die Republikaner kontern bereits ebenfalls mit der Taktik des Zeitschindens: Neue Waffengesetze wären derzeit "keine Priorität", so GOP-Top-Senator Mitch McConnell. Viele erwarten dennoch, dass Obama den Kampf gegen den Waffenwahn zum zentralen Thema seiner zweiten Amtsperiode macht.
Und es wird – ob es Arnie und Hollywood gefällt oder nicht – bei einer breiteren Debatte auch die Filmgewalt zum Thema werden.
Mehr von unserem US-Korrespondenten Herbert Bauernebel finden Sie hier auf AmerikaReport.com