Verdächtige Narbe

Hatte Demjanjuk SS-Tätowierung?

20.04.2010

Der mutmaßliche NS-Verbrecher soll die Tätowierung entfernt haben.

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© Reuters
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Der mutmaßliche Nazi-Helfer John Demjanjuk hat möglicherweise früher eine SS-Tätowierung getragen.

Blutgruppen-Tätowierung
Eine Narbe auf der Innenseite von Demjanjuks linkem Oberarm könnte von der Entfernung einer Blutgruppen-Tätowierung stammen, wie sie die SS- Männer trugen, sagte der pensionierte Rechtsmediziner Wolfgang Eisenmenger am Dienstag vor dem Landgericht München II.

Die ein Zentimeter große ovale Narbe nahe der Achselhöhle zeige "eine geringe blaugrüne Verfärbung". Dies lasse spekulieren, ob dort eine Tätowierung entfernt wurde, sagte der ehemalige Leiter des Münchner Instituts für Rechtsmedizin.

Der gebürtige Ukrainer Demjanjuk ist angeklagt, 1943 bei der Ermordung von etwa 27.000 Juden in den Gaskammern des Vernichtungslagers Sobibor geholfen zu haben. Eisenmenger hatte auf Beschluss eines Ermittlungsrichters den Körper des inzwischen 90-Jährigen auf Narben und Tätowierungen untersucht. Letztere fand er nicht, dafür aber die leicht verfärbte Narbe an versteckter Stelle.

Hinweis auf untergetauchte Nazis
Die Blutgruppentätowierung wurde nach Kriegsende ein Hinweis, um untergetauchte SS-Angehörige zu identifizieren. Die genaue Lage ist etwa 20 Zentimeter über dem linken Ellenbogen auf der Innenseite des Oberarms. Die Tätowierung ist ungefähr 7 Millimeter groß und besteht nur aus einem oder zwei Zeichen - Bezeichnung der Blutgruppe (A, B, 0 oder AB). Der Rhesusfaktor - der erst 1940 entdeckt worden war - ist nicht angegeben.

Nach Aussagen in früheren NS-Prozessen trugen auch sogenannte Trawniki diese Tätowierung. Bei den Trawniki handelt es sich um als Hilfswachmänner eingesetzte Kriegsgefangene vor allem aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern.

Eisenmenger hatte auch zu prüfen, ob bei der Tötung der Menschen in Sobibor die körperlichen oder seelischen Qualen der Opfer "über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgingen". Laut Eisenmenger litten die in Gruppen zu je 80 Menschen in die vier 16 Quadratmeter großen Gaskammern gesperrten Menschen Qualen "in einem menschlich kaum nachvollziehbaren Maß".

Der Prozess wird am Mittwoch mit der Vernehmung des früheren Richters Hans Robert Richthof fortgesetzt. Er hatte am Landgericht Hagen in den 1960er Jahren den sogenannten Sobibor-Prozess gegen zwölf deutsche SS-Angehörige geführt.

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