Vom Straflager in die Freiheit: Heute will Michail Chodorkowski über seine Zukunft reden.
Chodorkowski (50), einst reichster Mann Russlands (siehe unten), will Sonntagmittag vor die Presse treten. Er lud ins Luxushotel Adlon in Berlin. Wird das die große Abrechnung mit seinem Erzfeind Putin? Oder möchte Chodorkowski sich nur beim Kremlchef dafür bedanken, dass er nach zehn Jahren im Straflager freigekommen ist?
Schon im Vorfeld meinte er: „Ich empfinde ein unglaubliches Gefühl der Freiheit.“ Aber: „Es gibt noch so viel zu tun, die Freilassung der Geiseln, die (in Russland) noch im Gefängnis sind, vor allem Platon Lebedew.“ Lebedew war sein Geschäftspartner. Er ist noch immer in Haft.
Chodorkowski wurde – wie berichtet – diesen Freitag völlig überraschend entlassen. So rasch er konnte, verließ der prominente Häftling Russland, flog nach Berlin. Der Privatjet wurde ihm gratis von einem Elektrounternehmer zur Verfügung gestellt. Die Freilassung hat Deutschlands Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) eingefädelt.
Der Ex-Ölbaron bezog im Luxushotel Adlon Quartier. Sechs Zimmer hat er gemietet. Ein Jahr darf er in Deutschland bleiben, so lange gilt sein Visum.
Erstes Familientreffen nach genau zehn Jahren
Emotionen. Bereits Freitagnacht das erste Treffen mit seinem ältesten Sohn Pawel. Der 28-Jährige lebt in New York. Zehn Jahre lang hat er seinen Vater nicht gesehen. Aus Angst, auch verhaftet zu werden, reiste er nie nach Moskau. Auch Ehefrau Inna Chodorkowskaja und die beiden gemeinsamen Söhne sowie die Tochter sind bereits bei ihrem Vater im Adlon.
Samstagfrüh kamen mit einer Linienmaschine auch die Eltern, Marina und Boris. Marina Chodorkowski ist an Krebs erkrankt, soll in Berlin behandelt werden. Ihr zuliebe stellte der Ex-Oligarch letztlich ein Gnadengesuch an Putin.
Karl Wendl