Die italienischen Badeanstalten bleiben heute zwei Stunden geschlossen.
In Italien bleiben einige Strandbäder am Freitag in der Früh geschlossen. Mitten in der Hauptsaison sind die Pächterinnen und Pächter vieler Strandbäder erstmals in Streik getreten. Mit ihrem "Sonnenschirm-Protest" machen die mächtigen Pächterfamilien der Privatbäder Front gegen Rom und die EU. Aus Protest gegen die ungelöste Frage der Konzessionen öffnen sie zwei Stunden später als sonst. Damit senden sie der Regierung um Premierministerin Giorgia Meloni ein klares Signal.
Kurz vor "Ferragosto", dem Höhepunkt der Sommersaison in Italien, herrscht Unmut in den Strandbädern. Die Betreiber der "stabilimenti balneari", wie die Strandbäder in Italien heißen, protestieren gegen die ungelöste Frage der Konzessionen. Sie beklagen die "paradoxe Situation", in der sie sich angesichts der Ungewissheit über ihr Schicksal befinden und kritisieren die "Trägheit der Politik".
Keine Ausschreibungen
Küsten und Strände sind in Italien in der Regel in staatlichem Besitz, die Gemeinden vergeben derzeit 12.166 Strandbad-Konzessionen. Das Problem: Die Konzessionen werden ohne die in der EU verlangte ordentliche Ausschreibung zugeteilt - sie werden routinemäßig und oft ohne Preisanpassung verlängert, mitunter werden die Konzessionen wie Familienbesitz praktisch weitervererbt. Die Betreiber von Strandbädern wehren sich schon seit 18 Jahren erfolgreich gegen eine EU-Richtlinie, die seit 2006 eine europaweite Ausschreibung der Lizenzen vorschreibt.
"Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Familien, die Gefahr laufen, alles zu verlieren, was sie sich in jahrelanger Arbeit aufgebaut haben", so der Sprecher von Fipe Confcommercio Antonio Capacchione. Die Front der Strandbad-Betreiber ist jedoch nicht geschlossen. Nur ein Teil von ihnen beteiligt sich wirklich am Streik.
Widerstand der Betreiber
Die Berufsgruppe ist gespalten: Nicht alle Pächter halten den Streik für sinnvoll. Andere hingegen wollen den Protest verschärfen. Wenn sich die Regierung Meloni nicht bewegt, sollen die Bäder Mitte August, immer noch in der Ferienzeit, einen halben Tag geschlossen bleiben und Ende des Monats schließlich einen ganzen.
Die hartnäckig von Brüssel verlangte Marktöffnung scheiterte bisher am Widerstand der Strandbadbetreiber, einer gut organisierten Lobby, für die Brüssel ein rotes Tuch ist. Oft soll auch Korruption bei der Vergabe eine Rolle gespielt haben. Umweltschutzverbände beklagten, dass mehrere Anlagen auch in die Hände der lokalen Mafia geraten seien.
Der Staat profitiert kaum von den Badeanlagen. Die Konzessionen bringen Italien etwas über 100 Mio. Euro im Jahr ein, ein Pappenstiel verglichen mit dem auf 2 Mrd. Euro geschätzten Umsatz, den die Anlagen erzielen.
In der heiklen Angelegenheit um eine Neuregelung der Strandbad-Konzessionen nimmt sich die italienische Regierung um Premierministerin Meloni trotz Drucks aus Brüssel mehr Zeit. Eine Regelung für die Neuordnung des Systems der Lizenzen für die italienischen Badeanstalten soll vom Ministerrat erst nach der Sommerpause verabschiedet werden, heißt es aus Regierungskreisen in Rom. Meloni bangt um ihr Wählerreservoir, denn die meisten Pächter wählen rechts, erklären Beobachter in Rom.
Die Regierung in Rom befindet sich in einer Zwickmühle. Die Europäische Kommission macht Druck für eine Regelung des Systems der Strandkonzessionen. Sollte das Kabinett Meloni jedoch keine Maßnahmen ergreifen, werde die EU-Kommission Klage gegen Italien vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen, verlautete es aus Brüssel.