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Hisbollah-Chef: Israel hat "alle roten Linien überschritten"

19.09.2024

Nach der Explosion hunderter Kommunikationsgeräte der pro-iranischen Hisbollah im Libanon hat der Chef der schiitischen Miliz mit "harter Vergeltung" gedroht.

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© AFP
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Israel werde seine "gerechte Strafe" erhalten, sagte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah am Donnerstag in einer Fernsehansprache. Mit den Explosionen, bei denen nach Regierungsangaben mindestens 37 Menschen getötet und mehr als 2.900 weitere verletzt wurden, habe Israel "alle roten Linien überschritten".

Die Anschläge am Dienstag und Mittwoch könnten als Kriegserklärung aufgefasst werden, betonte er in der mit Spannung erwarteten Rede weiter. Ob es tatsächlich zu einem offenen Krieg zwischen der radikal-islamischen Miliz und dem israelischen Militär kommen wird, ließ er zunächst offen.

Die Hisbollah werde ihre seit elf Monaten andauernden Angriffe auf israelisches Gebiet nicht einstellen, solange Israel weiter im Gazastreifen Krieg gegen die verbündete Hamas führe, sagte Nasrallah. Die vor den Kämpfen geflohenen Bewohner Nordisraels könnten nicht in ihre Heimat zurückkehren: "Keine militärische Eskalation, keine Tötungen, keine Morde und auch kein umfassender Krieg können die Bewohner wieder ins Grenzgebiet zurückbringen."

Hunderte Walkie-Talkie-Funksprechgeräte explodiert

Im Libanon waren am Mittwoch hunderte Walkie-Talkie-Funksprechgeräte explodiert, nachdem bereits am Tag zuvor hunderte Funkempfänger, sogenannte Pager, von Hisbollah-Mitgliedern explodiert waren. Die Schiitenmiliz macht Israel verantwortlich. Die Regierung in Jerusalem hat sich zu den Explosionen der Geräte weder bekannt noch eine Verantwortung dementiert. Hisbollah-Chef Nasrallah kündigte eine interne Untersuchung zu den Vorfällen an.

Israelische Militärflugzeuge durchbrachen während Nasrallahs Fernsehansprache über Beirut die Schallmauer, wie die staatliche Nachrichtenagentur im Libanon berichtete. Bereits zuvor hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben erneut Ziele der pro-iranischen Miliz angegriffen. Ziel sei es, "die terroristischen Fähigkeiten und die Infrastruktur der Gruppe zu schwächen", erklärte die Armee.

Der Einsatz sei Teil der Bemühungen, die Rückkehr von Israelis zu ermöglichen, die vor den seit Monaten andauernden Hisbollah-Angriffen auf den Norden Israels geflohen sind, so die Armee weiter. Im Norden Israels in der Nähe der Grenze zum Libanon kamen am Donnerstag auch zwei israelische Soldaten ums Leben. Die israelische Armee teilte mit, ein 20 Jahre alter Soldat und ein 43 Jahre alter Reservist seien im Norden des Landes gefallen.

Reservist durch eine sprengstoffbeladene Drohne getötet

Die "Times of Israel" berichtete, der Reservist sei im Westen von Galiläa durch eine mit Sprengstoff beladene Drohne der libanesischen Hisbollah-Miliz getötet worden. Der jüngere Soldat sei bei einem Angriff der Hisbollah mit zwei Panzerabwehrraketen an der Nordgrenze Israels zu Tode gekommen. Acht weitere Soldaten seien bei dem Angriff verletzt worden, einer davon schwer.

Damit sind nach offiziellen Angaben seit dem 8. Oktober vergangenen Jahres 48 Menschen in Israel im Grenzgebiet getötet worden, darunter Zivilisten und Soldaten. Im Libanon wurden etwa 600 Menschen getötet, die meisten davon Hisbollah-Mitglieder.

Seit Beginn des Krieges zwischen der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel im Gazastreifen haben auch die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon deutlich zugenommen. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze mussten fliehen.

Israel: Vorbereitungen für Offensive abgeschlossen

Israel schloss unterdessen die Vorbereitungen für eine Offensive gegen die Hisbollah-Miliz im Süden des Libanon ab. Der Generalstabschef habe die entsprechenden Pläne gebilligt, hieß es am Donnerstagnachmittag in einer Erklärung des Militärs. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

"Die terroristische Organisation Hisbollah hat den Südlibanon in ein Kampfgebiet verwandelt", hieß es in der Erklärung des israelischen Militärs. Die Islamisten hätten Häuser als Waffenlager genutzt, Tunnel darunter gegraben und Zivilisten als menschliche Schutzschilde eingesetzt. Der israelische Militäreinsatz solle die Sicherheit im Norden Israels wiederherstellen. Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte am Mittwoch erklärt, der Krieg trete in eine neue Phase ein. Daher würden nun mehr militärische Einheiten an die nördliche Grenze verlegt.

Nasrallah nannte die jüngsten Angriffe ein Massaker

Nasrallah nannte die jüngsten Angriffe durch explodierende Funkempfänger und Walkie-Talkies ein Massaker und eine Prüfung für die Hisbollah. Zwar habe diese einen schweren Schlag erlitten, werde jedoch dadurch nicht gestürzt werden. Die Hisbollah habe nun die Bereitschaft ihrer Mitglieder und Waffensysteme erhöht.

Der französische Präsident Emmanuel Macron telefonierte seinem Büro zufolge mit hochrangigen Politikern und Militärs im Libanon. Sie sollten auf die Hisbollah-Miliz einwirken, eine Eskalation zu vermeiden. US-Außenminister Antony Blinken erklärte kurz darauf, man teile die Haltung Frankreichs. Nach Ansicht seiner Regierung sei ein Waffenstillstand weiter möglich und notwendig. Keine der Konfliktparteien solle eine Eskalation herbeiführen, die ein solches Abkommen erschweren würde.

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