Bisher 17 Arbeiter verstrahlt - Reaktorblöcke 1 und 3 werden mit Süßwasser gekühlt
Die Auswirkungen der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima 1 auf die Umwelt erweisen sich als immer schwerwiegender. Im Meerwasser einige hundert Meter vor dem Akw wurde eine Konzentration von radioaktivem Jod 131 gemessen, die um das 1250-fache über dem zulässigen Höchstwert liegt, wie Japans Atomsicherheitsbehörde am Samstag mitteilte. Im Akw kämpften Techniker mit einer weiteren stark radioaktiv verseuchten Pfütze.
Zu der stark radioaktiv verseuchten Meerwasserprobe sagte ein Sprecher der Behörde für Atomsicherheit, würde ein Mensch einen halben Liter Wasser mit einer solchen Jodkonzentration trinken, dann hätte er auf einen Schlag die Menge an radioaktivem Jod zu sich genommen, die er in einem Jahr aufnehmen könne. Am Dienstag hatte der Wert bei Messungen noch um das knapp 127-fache über der zulässigen Grenze gelegen.
Behörde: Auswirkungen auf Umwelt gering
Die Auswirkungen der deutlich angestiegenen Konzentration auf die Umwelt seien aber vergleichsweise gering, sagte der Behördensprecher. Sie müsse deutlich höher sein, um von Algen oder Meerestieren aufgenommen zu werden. Zudem betrage die Halbwertzeit von Jod 131 lediglich acht Tage. Ein Experte des französischen Instituts für Atomsicherheit (IRSN) warnte allerdings, die Konzentration könne auf einen beschädigten Reaktorbehälter hinweisen.
Kraftwerksbetreiber Tepco teilte zudem mit, dass auch die Konzentration von radioaktivem Caesium 137 den zugelassenen Grenzwert um knapp das 80-fache überschreite. Das Krebs erregende Element hat eine Halbwertzeit von 30 Jahren.
Kühlung mit Süßwasser
Aus Sorge über die Salzablagerungen in Fukushima 1 durch die Kühlung der Reaktoren mit Meerwasser gingen die Einsatzkräfte dazu über, mit Süßwasser zu kühlen. Regierungssprecher Yukio Edano sagte, er glaube, dass eine weitere Verschlechterung der Lage verhindert worden sei.
Bei dem Akw an der Nordostküste Japans waren nach der Erdbeben-und Tsunamikatastrophe vom 11. März die Kühlsysteme mehrerer Reaktoren ausgefallen, was mehrere Explosionen und Brände auslöste. Das Ausmaß der Katastrophe ist noch immer nicht absehbar. Betreiber und Behörden versuchen, die Reaktoren von außen mit Wasser zu kühlen und die Kühlsysteme wieder in Gang zu bringen. Austretende Radioaktivität behindert die Arbeiten aber immer wieder.
Im Untergeschoss des Turbinengebäudes von Reaktor 1 wurde laut Tepco stark radioaktives Wasser entdeckt, das den Kampf gegen den Super-GAU weiter erschweren könnte. Das Wasser sei womöglich aus undichten Rohren oder Ventilen zwischen Turbinengebäude und Reaktor ausgetreten, sagte ein Mitarbeiter der Atomsicherheitsbehörde. Auch in den Turbinengebäuden der Reaktoren 2 und 4 stand bis zu einem Meter hohes Wasser, das derzeit auf Radioaktivität untersucht werde. Am Donnerstag waren bei Arbeiten am Reaktor 3 drei Arbeiter verstrahlt worden, nachdem sie durch verseuchtes Wasser gelaufen waren.
Die Umweltorganisation Greenpeace begann damit, in der Umgebung des Atomkraftwerks eigene Messungen vorzunehmen. Die japanischen Behörden hätten die Risiken offenbar seit Beginn der Krise unterschätzt.
Reaktor 1 von Fukushima 1 wurde am Samstag 40 Jahre alt. Es sei "extrem bedauerlich", dieses Jubiläum unter diesen Umständen zu begehen, sagte Tepco-Vizechef Sakae Muto bei einer Pressekonferenz. Reaktor 1 ist der drittälteste der insgesamt 55 japanischen Atomreaktoren.