Benedikt XVI. weihte in Barcelona die Sagrada Família und traf den König.
Papst Benedikt XVI. hat am Sonntag den weltbekannten Sakralbau Sagrada Família in der katalanischen Hauptstadt Barcelona geweiht und dabei zur Basilika erhoben. Das katholische Kirchenoberhaupt ließ die Gelegenheit nicht aus, den Spaniern und ihrer Regierung ins Gewissen zu reden: Schützt Ehe, Familie und das ungeborene Leben! Am Rande des Besuchs kam es auch zu Protesten.
Kuss-Demo gegen Papst in Barcelona
Symbolisch erhielt der Papst in einer heiligen Messe die Schlüssel zu diesem Meisterwerk des Architekten Antoni Gaudí (1852-1926). Etwa 7000 Gläubige verfolgten die Zeremonie in dem noch unfertigen Gotteshaus, dessen Bau vor 128 Jahren begonnen worden ist. Auch das spanische Königspaar Juan Carlos und Sophia war anwesend. Zehntausende sahen die Weihe des Altars und der Wände der Sagrada Família mit heiligem Wasser draußen auf Großbildschirmen.
Papst setzt sich für Schutz der Ehe ein
In seiner Predigt nannte der Papst das auch als Kathedrale des 21. Jahrhunderts gepriesene Gotteshaus "eine wunderbare Synthese aus Technik, Kunst und Glauben", geschaffen von einem gleichermaßen genialen Architekten wie konsequenten Christen. Gaudí habe damit verwirklicht, "was heute zu den wichtigsten Aufgaben gehört, die Überwindung der Spaltung zwischen menschlichem und christlichem Bewusstsein." Die Weihe der Basilika sei ein bedeutsames Ereignis in einer Zeit, "in der der Mensch sich anmaßt, sein Leben hinter Gottes Rücken aufzubauen, so als hätte er ihm nichts mehr zu sagen."
Energisch setzte sich Benedikt auch für den Schutz der Ehe, der Familie und des ungeborenen Lebens ein. Die Kirche widersetze sich jeder Ablehnung des menschlichen Lebens, das von dem Augenblick der Empfängnis an heilig sei, wandte er sich erneut gegen Abtreibung. Der Staat müsse die, die eine Familie gründeten, "wirklich unterstützen". Benedikt sprach auch von einer "natürlichen Ordnung" in der Familie. Aus Protest gegen seine strikte Ablehnung der Homo-Ehe hatten sich in Barcelona am Morgen etwa 200 Schwule und Lesben kollektiv geküsst.
"Europa muss sich Gott öffnen"
Die Messe in der katalanischen Metropole war der Höhepunkt des päpstlichen Kurzbesuchs am Wochenende in Spanien. Am Samstag hatte Benedikt den Wallfahrtsort Santiago de Compostela in Galicien besucht und in einer Messe das verweltlichte Europa zu einer Rückkehr zu Gott aufgerufen. Der Papst kam als Pilger nach Santiago de Compostela.
Er hielt auch dort nicht lange mit seinem großen Anliegen hinter dem Berg. "Europa muss sich Gott öffnen", rief er am Samstag vor etwa 6000 Gläubigen in dem Wallfahrtsort Santiago de Compostela aus. In der Predigt auf dem Platz vor der Kathedrale der galicischen Stadt im Nordwesten Spaniens fügte Benedikt an: "Es ist nötig, dass der Name Gottes unter dem Himmel Europas freudig wieder erklingt." Die Alte Welt dürfe ihre moralische, soziale, spirituelle und religiöse Seite nicht brachliegen lassen, mahnte das Kirchenoberhaupt die Europäer.
Treffen mit Königspaar
Tragisch sei die Überzeugung, dass Gott der Gegenspieler des Menschen und Feind seiner Freiheit sei, sagte der Papst in Santiago de Compostela. Das Europa der Wissenschaft und Technologien, der Kultur und der Zivilisation müsse auch für Religion offen sein. "Wie kann denn das, was im Leben am meisten maßgebend ist, in die bloße Privatsphäre verwiesen oder in den Halbschatten verbannt werden?", fragte der Pontifex. Die Menschen könnten nicht im Finstern leben.
Vor der Messe in der Sagrada Família kam das Oberhaupt der Katholiken zu einem privaten Treffen mit dem spanischen Königspaar zusammen. Am Nachmittag stand noch der Besuch einer katholischen Sozialeinrichtung in Barcelona auf Benedikts Programm. Spaniens sozialistischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero wollte der Papst kurz vor seinem Rückflug am Abend nach Rom treffen.
Homo-Paare empfangen Papst mit Küssen
In der Vergangenheit hatte es Spannungen zwischen Kirche und Regierung gegeben, da die Homo-Ehe erlaubt und das Abtreibungsgesetz gelockert wurde. Aufsehen hatte erregt, dass der Papst auf dem Flug einen "starken und aggressiven" Säkularismus in Spanien anprangerte.
Aus Protest gegen die Haltung der katholischen Kirche zur Homosexualität begrüßten am Sonntag rund 100 schwule und lesbische Paare den Papst mit innigem Geknutsche. In den von zahlreichen Gläubigen gesäumten Straßen starteten die gleichgeschlechtlichen Paare eine fast fünfminütige Kuss-Demonstration, als das 83-Jährige Oberhaupt der katholischen Kirche in seinem gläsernen Papstmobil an ihnen vorbeifuhr.
Mit der Aktion solle die Kirche zu einer Änderung ihrer Einstellung aufgefordert werden, die "unsere Rechte und unsere andere Art zu lieben ablehnt", sagte Teilnehmer Sergi Diaz. Während die Anhänger des Papstes den Besucher mit Rufen wie "Lang lebe der Papst" bejubelten, skandierten die homosexuellen Demonstranten "Hau ab" und "Pädophiler", unter Anspielung auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche.