Interview mit syrischem Flüchtling

"Ich bin Deutschland für alles dankbar"

25.09.2017

Ein syrischer Flüchtling im Interview mit Aras Bacho.

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© Reuters
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Amjed (*Name geändert) ist ein Syrischer Flüchtling, 26 Jahre alt und lebt seit zwei Jahren in Deutschland. Der Syrer hat erst vor fünf Monaten begonnen, Deutsch zu lernen und hat damit trotzdem die 10. Klasse einer Hauptschule geschafft.

In Lemgo auf dem Lüttfeld-Berufskolleg, habe ich vor circa zwei Wochen einen syrischen Flüchtig kennengelernt, der viel Hilfe braucht. Der 26-jährige Syrer lebt seit zwei Jahren in Deutschland und hat nur fünf Monate lang einen Deutschkurs besucht. Für ihn ist es eine riesen Chance, dass er die 10. Klasse besuchen darf.

Seine ersten Gedanken und Sorgen in der neuen Schule waren: "Ich schaff das nicht", oder "ich werde Schwierigkeiten bekommen".

Amjed ist 26 Jahre alt, kommt aus einem Dorf im Osten Syriens. Er ist Muslim und hat in Syrien sein Abitur gemacht. Danach hat er als Maler gearbeitet.

Wie war für dich dein erster Schultag. Bist du zurechtgekommen?

Mein erster Schultag hat mir nicht sonderlich viel Spaß gemacht. Alles war neu für mich und ich war froh, eine Dolmetscherin mit dabei zu haben. Alles ist gut abgelaufen.

Wie fanden dich deine Lehrer?

Meine Lehrer mögen mich sehr, vor allem beeindruckt sie, dass ich gut Deutsch spreche. Ich habe sogar fast von jedem Lehrer ein Kompliment bekommen.

Ist noch jemand von deiner Familie in Syrien?

Nein, zum Glück nicht. In Syrien ist die Hölle los. Wer würde seiner Familien schon so etwas wünschen?

Welche Schwierigkeiten hast du?

Ich habe ein großes Problem: In Syrien habe ich mein Abitur mit gute Noten abgeschlossen und danach acht Jahre lang als Maler gearbeitet. Meine Arbeit hat mir viel Spaß gemacht.

Als der Krieg kam und alles zerbombt wurde konnte ich nicht mehr richtig arbeiten. Wir alle hatten schreckliche Angst um unsere Zukunft. Jetzt bin ich in Deutschland und alles ist neu für mich. In meiner neuen Schule habe ich Angst, dass ich es nicht schaffen könnte, weil ich nicht so gut in Deutsch und Englisch bin.

Wie lernst du zuhause?

Wenn die Schule zu Ende ist, fahre ich nach Hause und benutze meinen Laptop und mein Handy, um Deutsch zu lernen. Ich benutze keine Lern-Apps, stattdessen gebe ich die Arabischen Wörter in Google ein und bekomme so die deutsche Übersetzung.

Ich schaue sehr gerne Deutsche Fernseh Sendungen. Wörter, die ich nicht verstehe, schaue ich dann einfach in einem online- Lexikon nach.

Willst du neben der Schule doch noch eine Nachhilfe besuchen?

Ja. Ich habe davon gehört, dass das Job-Center kostenlose Nachhilfe für Flüchtlinge anbietet. Ich werde mich die nächsten Wochen noch mal schlau machen und sie dann beantragen.

Ich finde es sehr gut, wie das Job-Center sich um mich kümmert und mit der Sachbearbeiterin habe ich auch keine Problem. Sie versucht immer, mir zu helfen.

Welchen Eindruck haben die Deutschen bei dir hinterlassen?

Ich finde alle Deutschen sehr nett und hatte nie Schwierigkeiten. Deutschland ist mein neues Zuhause und ich bin für die Hilfe dankbar, die ich hier bekomme. Wer hätte mich auch sonst nach dem Krieg bei sich aufgenommen? Kein anderes Land hätte so etwas für mich getan.

Wie siehst du deine Zukunft in Deutschland ?

Meine Zukunft? In Deutschland möchte ich entweder wieder als Maler arbeiten, oder Friseur werden. Aber zuerst möchte ich meinen Hauptschulabschluss machen und dann sehen wir weiter. Wer weiß, vielleicht werde ich ja irgendwann studieren.

Möchtest du bald die deutsche Staatsbürgerschaft?

Ja, gern. Warum denn nicht? Ich muss leider noch fünf Jahre auf die Einbürgerung warten. Ich habe gehört dass man für den Test viele Fragen beantworten muss. Aber davor habe ich keine Angst - bis dahin werde ich gut Deutsch sprechen.

Denkst du manchmal daran, nach Syrien zurückkehren?

Deutschland ist meine neue Heimat. Vielleicht werde ich für ein Jahr nach Syrien zurückfahren, wenn der Krieg vorbei ist. Nach dem einen Jahr möchte ich aber wieder zurückkommen. Ich möchte das Jahr dafür nutzen, runter zu kommen, weil hier doch noch alles sehr neu ist.

Hattest du in Deutschland Probleme wegen deiner Religion?

Ich hatte noch keine Probleme, aber ich muss etwas gestehen: Im Religionsunterricht haben wir das Thema Islam gehabt und jeder hat erzählt, was er über die Religion wusste. Keinem war bewusst, dass ich als Moslem mit ihnen im Kurs saß.

Ich habe alle erzählen lassen ohne jemanden dabei zu unterbrechen. Einer sagte, dass Muslime nicht anziehen dürften, was sie möchten. Der zweite Schüler sagte, dass die Frauen Kopfbedeckung anziehen müssen und keinen Alkohol trinken dürfen. Ich war überrascht und musste zwischendurch ein paar Mal lachen.

Nach dem Gespräch kam die Lehrerin zu mir und fragte mich welcher Religion ich angehöre. Ich sagte ihr, dass ich ein Moslem bin. Sie fragte mich, ob alles, was die Schüler erzählten gestimmt hat.

Meine Meinung hat alle meine Mitschüler überrascht. Ich erzählte ihnen, dass keine der Sachen stimmte und ich immer Alkohol trinke. Außerdem habe ich ihnen erzählt, dass ich mich nicht mehr mit dem Islam beschäftige und jetzt ein freier Mensch bin. Wir alle sind doch gleich.

Wie sind sonst deine Wünsche an Deutschland?

Ich wünsche mir eine friedliche Zukunft. Wir und die Deutschen müssen miteinander zusammenkommen, egal, welche Hindernisse vor uns stehen. Das Handeln in der Flüchtlingskrise war ein gutes Zeichen und ich möchte, dass Deutschland weiterhin Flüchtlinge aus Kriegsgebieten aufnimmt.

Meinung zu dem Gespräch:

*Amjed kann viele Deutsche Wörter verstehen, aber er hat noch viele Schwierigkeiten mit der Grammatik und Aussprache. Er weiß jedoch, was er in Deutschland will und das zieht er durch. In Deutschland möchte er einen guten Eindruck hinterlassen und sich bestens integrieren. Solche Flüchtlinge wie *Amjed haben verdient, in Deutschland zu leben - eine zweite Chance hat jeder verdient.

Autor: Aras Bacho

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