Johann Scholz (39) überlebte das Unglück und schildert das Chaos.
ÖSTERREICH: Herr Scholz, es wird von vielen Pannen bei der Rettung der Passagiere erzählt, haben Sie es auch so erlebt?
Scholz: Es war das volle Chaos. Die Crew war nicht darauf vorbereitet, die meisten haben vor Angst selbst gezittert. 30 Minuten nach dem Unglück habe ich eigentlich gar niemanden mehr von der Crew gesehen.
ÖSTERREICH: Wie kamen Sie zum Rettungsboot?
Scholz: Zuerst sind wir zu den Rettungsbooten auf der rechten Seite geschickt worden. Anfangs funktionierte hier das Ablassen der Rettungsboote noch, aber als sich das Schiff immer mehr nach rechts neigte, sagte ich zu meiner Frau: „Komm wir laufen auf die andere Seite.“
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ÖSTERREICH: Mussten Sie da schon bergauf laufen?
Scholz: Wenn du Angst hast, dass du mit dem Schiff untergehst, dann kannst du auch bergauf laufen. Es ist unglaublich, welche Kräfte man da entwickelt.
ÖSTERREICH: Klappte es auf der linken Seite besser?
Scholz: Als das Schiff ganz umgekippte, fielen die Rettungsboote ins Schiff zurück. Wir mussten über die Reling klettern, damit wir nicht ins Schiffsinnere zurückfallen. Es ist, als wenn man in einen tiefen Abgrund blickt. Ungefähr 100 Menschen saßen auf der Reling. Plötzlich hörten wir aus dem Schiffsrumpf ein Trillerpfeifchen und das Signallicht einer Rettungsjacke. Da wusste ich, dass im Schiffsrumpf noch Passagiere sind.
ÖSTERREICH: Haben Sie ihnen geholfen?
Scholz: Die meisten Passagiere haben ihnen zugerufen: „Die Offiziellen kommen bald.“ Aber das Trillern hörte nicht auf. Ich entdeckte einen Wasserschlauch und wollte sie damit hochziehen. Aus einem der Rettungsboote holte ich ein Hackbeil, schlug den Wasserschlauch ab. Dann fixierte ich den Schlauch an einem Lichtmast und ließ ihn 25 Meter ins Schiffsinnere hinunter. Zu viert haben wir dann zwei Philippinos aus Schiffsrumpf gezogen. Die Frau hatte ihr Bein gebrochen.
ÖSTERREICH: Wie sind Sie dann auf die Insel gekommen?
Scholz: Wir mussten irgendwie zu den Booten kommen, die um das Schiff kreisten. Ein Philippino und ich flickten aus einer orangen Leine und einer Stahlleine ein längeres Seil, das bis zum Wasser reichte. Damit seilten wir uns vom Schiff ab. Dann mussten wir noch circa einen halben Meter auf das Rettungsboot springen.
ÖSTERREICH: Wie war die Versorgung an Land?
Scholz: Die Einwohner auf der Insel waren sehr hilfsbereit. Aber der Skandal war: Die Decken bekamen wir auf der Fähre kurz bevor wir am Festland anlegten – zum Fotografieren für die Presse. Danach wurden sie uns weggenommen.
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Amateurvideo der Rettungsaktion: