Radioaktivität in AKW Fukushima ist tausend Mal so hoch wie normal.
In dem vom schweren Erdbeben in Japan betroffenen Atomkraftwerk Fukushima Nr. 1 ist einem Medienbericht zufolge ein Grad an Radioaktivität gemessen worden, der eintausend Mal über dem Normalwert liegt. Die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete am Samstag (Ortszeit), eine Sicherheitskommission habe dies im Kontrollraum Nr. 1 des AKW Fukushima Nr. 1 gemessen.
Dabei gelten die japanischen Atomkraftwerke als die sichersten der Welt – Erdbebensicherheit gilt als oberste Maxime. Dennoch blieb Freitagmittag Ministerpräsident Naoto Kan nichts anderes übrig, als den nationalen Atom-Notstand auszurufen.
Evakuierungen im Umkreis des AKW
Tausende Menschen wurden im Umkreis von drei Kilometern des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi II (es ging 1971 ans Netz) evakuiert. Innerhalb von zehn Kilometern wurden die Menschen angewiesen, ihre Häuser nicht zu verlassen. In dem AKW war es infolge des Bebens zu einem massiven Störfall gekommen, der im Ernstfall sogar zur Kernschmelze führen kann.
Insgesamt elf Atomkraftwerke in der Erdbebenregion hatten sich automatisch abgeschaltet. Im AKW Onagawa war sogar ein Feuer ausgebrochen, das allerdings rasch gelöscht werden konnte. Radioaktivität sei hier angeblich keine ausgebrochen.
Weit schlimmer war der Vorfall in Fukushima. Dort hatte das Beben zu einem Leck im Kühlwasserkreislauf des Reaktors geführt. Dadurch stieg der Druck im Druckbehälter in gefährlichem Ausmaß. Laut dem Greenpeace-Experten Heinz Smital erzeugt auch ein heruntergefahrener Reaktor noch so viel Wärme, dass eine Kernschmelze nur durch ein funktionierendes Kühlsystem verhindert werden könne.
Diese Kühlung funktionierte gestern Nachmittag allerdings nur mehr per Batterie, nachdem sämtliche vier Notgeneratoren ausgefallen waren. Die Batterie hatte zuletzt nur mehr eine Leistungskraft von wenigen Stunden.
Brennstäbe schauen schon 2 Meter aus Kühlwasser
Der Kühlwasser-Stand senkte sich im Laufe des Tages bedrohlich. Nach Greenpeace-Angaben schauten Brennstäbe teils zwei Meter aus dem Wasser, weil zu wenig Kühlwasser nachgepumpt werden konnte. Aus Sorge schicken auch die USA Reaktor-Kühlmittel. In der Nacht auf Samstag wurde überlegt, zur Verminderung des Drucks „ein wenig Luft" aus dem Reaktor auszulassen. Damit würde freilich auch Radioaktivität entweichen. Gewinnen die Experten das Rennen gegen Zeit nicht, dann droht sein Super-Gau wie in Tschernobyl.
Notfallplan in Österreich
Sogar Österreich reagierte bereits auf die atomare Bedrohung. Umweltminister Nikolaus Berlakovich aktivierte den Strahlenschutz-Notfallplan. Der Bereitschaftsdienst wurde erhöht. Berlakovich beruhigte allerdings: „Meine Experten sagen mir, dass keine Strahlungsgefahr für Österreich besteht."
Japan setzt traditionell voll auf Atomkraft. Bereits 1966 wurde nahe der Stadt Shizuoka der erste, inzwischen stillgelegte Meiler in Betrieb genommen. Gegenwärtig sind 54 Reaktoren an 16 verschiedenen Standorten am Netz. Weitere drei Atommeiler sind in Bau.
Alle Berichte über das Beben in Japan
Stichwort Kernschmelze
Die Kernschmelze ist ein extrem gefährlicher Unfall in einem Kernreaktor. Dabei erhitzen sich die Brennstäbe so sehr, dass sie schmelzen. Im ummantelten Brennstab befindet sich der Stoff, der gespalten wird - also Uran oder Plutonium. Zur Kernschmelze kann es etwa kommen, wenn Kühl- und Sicherungssysteme gleichzeitig oder in kurzer Zeit nacheinander ausfallen.
Wenn die gesamte geschmolzene Masse auf den Boden des Behälters sinkt, kann sie sich durch die Wände des Reaktors fressen. Dabei können radioaktive Substanzen nach Außen gelangen. Mit einer Kernschmelze gehen häufig Dampf- und Wasserstoffexplosionen einher.