Terror-Gruppe zeigt Bilder von Gräueltaten auf sozialen Netzwerken.
Mit zahlreichen Videos und Fotos grausamer Exekutionen führt die Terrorgruppe ISIL ihren Kampf im Irak auch im Internet. Nachdem die irakische Armee und kurdische Peshmerga-Soldaten den Vormarsch der Islamisten gebietsweise stoppen konnten, verbreiten die Jihadisten zunehmend Bilder ihrer Gräueltaten in eroberten Regionen.
Die am Sonntag durch die ISIL verbreiteten Fotos zeigen zudem Dutzende Leichen. Nach eigenen Angaben richteten die Extremisten Hunderte irakische Soldaten hin. Die Echtheit der Bilder, die in der Provinz Saleheddin nördlich von Bagdad gemacht worden sein sollen, konnte nicht überprüft werden.
Ein Foto zeigt eine Reihe gefesselter Männer in Zivilkleidung mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Auf einem zweiten Bild werden die Männer auf Lastwagen geladen. Auf einem weiteren Foto ist zu sehen, wie die Männer gezwungen werden, sich in einer flachen Grube auf den Boden zu legen, während Kämpfer mit der ISIL-Fahne zuschauen. Dann wird gezeigt, wie die mit Sturmgewehren bewaffneten ISIL-Kämpfer offenbar in die Grube feuern.
In sozialen Netzwerken wie Twitter und YouTube werden Erschießungen und Auspeitschungen auf der einen Seite gezeigt - auf der anderen Seite jubelnde Iraker, die die ISIL-Militärkonvois empfangen. Auch angebliche militärische Erfolge verbreitet ISIL: In der Nacht auf Sonntag seien sechs irakische Hubschrauber im Umland von Bagdad abgeschossen worden. "Die Jagdsaison ist eröffnet", schreibt ein ISIL-Anhänger.
Jihadisten kontrollieren Autobahnen
Laut Medienberichten scheint sich ISIL vor allem in der westirakischen Provinz Anbar und im Norden zwischen Mossul und Bagdad festgesetzt zu haben. Die "New York Times" berichtet, ISIL habe auf eine klassische Guerilla-Taktik im Irak verzichtet. Stattdessen hätten die Jihadisten nach langer Vorbereitung eine Schneise ins Land getrieben. Mit der Kontrolle über die drei großen Autobahnen nördlich von Bagdad sei die Kurdenregion vom Rest des Iraks abgeschnitten, "das könnte das Land endgültig zersplittern".
Gegenoffensive der Armee
Kurdische Peshmerga-Soldaten und irakische Truppen kämpfen seit der Blitzoffensive gemeinsam gegen die Extremisten. Die Peshmerga schlugen ISIL-Kämpfer im Ostirak sowie an der irakisch-syrischen Grenze im Westen des Landes zurück. Wie ein ranghoher Vertreter der kurdischen Sicherheitskräfte am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP sagte, übernahmen seine Truppen die Kontrolle über die irakisch-syrische Grenzstation Rabia schon am Dienstag. Der irakische Grenzschutz habe sich von dort zurückgezogen.
Bei der Offensive gegen die ISIL sind 279 Terroristen getötet worden, wie der Sprecher für sicherheitspolitische Fragen von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, Kassem Atta, bei einer vom Fernsehen übertragenen Pressekonferenz erklärte. Laut UNO wurden außerdem mehrere Hundert Zivilisten getötet und etwa 1.000 verletzt. Hunderttausende Iraker sind auf der Flucht.
Bei einem Bombenanschlag in Bagdad sind unterdessen bis zu zwölf Personen getötet worden. Über 20 weitere wurden verletzt, wie Sicherheitskräfte und medizinisches Personal berichteten. Die irakische Nachrichtenseite "Al-Sumaria News" erklärte, dass das Ziel des Anschlags ein sunnitischer Schrein war. Der Sprengsatz sei an einer Straße versteckt gewesen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in Bagdad. Nach Angaben eines Polizisten folgte dem Anschlag auch ein Selbstmordattentat.
USA senden Kriegsschiff
Angesichts der Eskalation sandten die USA das Kriegsschiff "USS George H.W. Bush" in den Persischen Golf. Es sollte dort noch am Sonntag eintreffen. Begleitet werde das Schiff von einem mit Raketen bestückten Kreuzer und einem Zerstörer. Damit solle Präsident Barack Obama zusätzliche Flexibilität gegeben werden, sollten militärische Optionen nötig werden, um das Leben von Amerikanern und Interessen im Irak zu schützen. Nach dem Irak-Krieg (2003-2011) hatte Obama zwar eine Rückkehr von US-Kampftruppen in das Land ausgeschlossen. Andere militärische Optionen hielt er sich aber offen.
Ziel der Terrorgruppe ISIL ist ein sunnitischer Gottesstaat vom östlichen Mittelmeer bis zum Persischen Golf. Im Irak erklärten sich Tausende, vor allem schiitische Freiwillige zum Widerstand gegen die Extremisten bereit. Allein in Najaf würden 100.000 Rekruten für die Aufnahme in die irakische Armee erwartet, berichtete "Al-Sumaria News". Viele seien dem Aufruf des schiitischen irakischen Großayatollahs Ali al-Sistani gefolgt. Er hatte seine Glaubensbrüder aufgefordert, schiitische Heiligtümer im Land vor den sunnitischen ISIL-Kämpfern zu beschützen.