Extremisten-Vormarsch

Irak-Krise: USA planen Gespräche mit Iran

16.06.2014

Erzfeinde wollen womöglich auch in Wien über Jihadisten-Vormarsch beraten.

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© AFP
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Die US-Regierung bereitet laut einem Medienbericht direkte Gespräche mit dem Iran über die Krise im Irak vor. Washington und Teheran wollen sich angesichts des Vormarschs der Jihadisten im Irak in dieser Woche zu ersten Beratungen treffen, wie das "Wall Street Journal" in seiner Montagsausgabe unter Berufung auf US-Regierungsvertreter berichtete.

Irans Präsident schließt Kooperation mit USA nicht aus
Kämpfer der sunnitischen Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIL) hatten in den vergangenen Tagen mehrere Städte und Regionen im Norden des Iraks erobert und rückten anschließend in Richtung der Hauptstadt Bagdad vor. Der iranische Präsident Hassan Rohani (Rouhani) schloss daraufhin am Samstag nicht aus, mit dem Erzfeind USA gegen die Jihadisten zu kooperieren.

Seit 35 Jahren, seit der Islamischem Revolution mit dem Sturz des Schahs, der eine strategische Partnerschaft mit den USA eingegangen war, der Geiselnahme von 52 US-Bürgern für 444 Tage 1979-1980 und der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran, herrscht diplomatischer Stillstand zwischen dem Iran und den USA. In den vergangenen Jahren kam der Streit um das iranische Atomprogramm erschwerend dazu. Zuletzt gab es aber eine Annäherung.

Atomgespräche in Wien als Verhandlungsplattform möglich
Es sei noch unklar, über welche diplomatischen Kanäle der Austausch stattfinde, sagten US-Regierungsvertreter dem "Wall Street Journal". Möglich wäre, dass die Atomverhandlungen in Wien als Forum für die Gespräche genutzt werden. In der Bundeshauptstadt kommen am Montag Vertreter des Iran und der 5+1-Gruppe der fünf UNO-Vetomächte und Deutschlands zusammen, um über eine endgültige Lösung zur Beilegung des jahrelangen Streits über das iranische Atomprogramm zu verhandeln. Wie das State Department mitteilte, wird die Nummer zwei der amerikanischen Diplomatie, Vize-Außenminister William Burns diese Woche nach Wien zu den Gesprächen kommen.

Das Weiße Haus wollte den Zeitungsbericht weder bestätigen noch dementieren. Die USA verlegten angesichts des Jihadisten-Vormarsches bereits einen Flugzeugträger in den Golf. Eine Entsendung von Bodentruppen schloss US-Präsident Barack Obama aber aus.

USA zieht Botschaftspersonal aus Bagdad ab
Angesichts des Vormarschs der ISIL ziehen die USA einen Teil ihres Botschaftspersonals aus Bagdad ab. Die Mitarbeiter würden für eine begrenzte Zeit in die US-Konsulate in Basra und Erbil (Iribil) sowie in die jordanische Hauptstadt Amman versetzt, teilte das US-Außenministerium am Sonntag mit. Um wie viele Mitarbeiter es sich handelt, blieb zunächst offen.

Wegen der unruhigen Lage und der Gewalt in Teilen des Landes schicke Washington zudem zusätzliche Sicherheitskräfte zum Schutz der Botschaft nach Bagdad, sagte Außenamtssprecherin Jen Psaki. Die diplomatische Vertretung bleibe aber geöffnet. Die Maßnahme betreffe weniger als 100 Soldaten, ergänzte ein Regierungsvertreter.

Zeitung: Iraker erbeuteten massenhaft Daten der ISIL
Wie die britische Zeitung "The Guardian" unterdessen berichtete, sind den irakischen Truppen mehr als 160 Speichersticks der Islamistenmiliz ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) mit hoch brisanten Informationen in die Hände gefallen. Darunter seien Namen und Kriegsnamen aller ausländischen ISIL-Kämpfer, von ISIL-Anführern, Codewörter, die Initialen von Informanten in Ministerien sowie die kompletten Finanzdaten der Organisation. "Wir waren alle verblüfft, und die Amerikaner auch", sagte ein Geheimdienstoffizier dem Blatt (Sonntag, Onlineausgabe).

Seit der Eroberung der Großstadt Mossul verfüge ISIL über Milliardenwerte. "Vor Mossul betrugen ihr gesamtes Bargeld und Anlagen 875 Millionen Dollar", sagte der Informant. "Danach, mit dem Geld, das sie in Banken geraubt haben und dem Wert der militärischen Versorgungsgüter, die sie geplündert haben, konnten sie weitere 1,5 Milliarden Dollar dazu addieren." Das wären umgerechnet insgesamt 1,75 Milliarden Euro.

In den Besitz der Daten gelangten die irakischen Streitkräfte dem Bericht bereits vor dem Fall Mossuls. Zwei Tage vor der ISIL-Offensive habe ein Kurier des ISIL-Kommandanten Abdulrahman al-Bilawi im Dauerverhör den Namen seines Chefs gestanden. Wenige Stunden später sei Bilawi tot gewesen. In seinem Haus und bei seinem Kurier seien die Datenträger sichergestellt worden. Ihre Auswertung - unter anderem durch CIA-Agenten - sei noch im Gange.

Extremisten eroberten Städte und Regionen im Norden
Kämpfer der sunnitischen Extremistengruppe ISIL eroberten in den vergangenen Tagen mehrere Städte und Regionen im Norden des Iraks und rückten anschließend in Richtung der Hauptstadt Bagdad vor. Am Wochenende gingen die Regierungstruppen zum Gegenangriff über und meldeten erste Erfolge im Kampf gegen die Jihadisten. Am Sonntag trieben sie ihre Offensive dafür im Nordwesten voran, wo sie sich nahe der syrischen Grenze Gefechte mit Polizei und Militär lieferten.
 

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