Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat sich zu dem Anschlag auf das Nationalmuseum in Tunis bekannt. In einer am Donnerstag auf Islamisten-Websites verbreiteten Audiobotschaft drohten die Extremisten zudem mit weiteren Attentaten in Tunesien.
Nach Angaben des tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi hatten die Attentäter auch Sprengstoff bei sich, eine "Katastrophe" habe jedoch verhindert werden können. Der Anschlag in Tunis sei der "Auftakt" zu einer Anschlagsserie in dem nordafrikanischen Land, erklärte die IS-Miliz. Das tunesische Innenministerium hatte zuvor erklärt, bei den beiden getöteten Angreifern handle es sich "wahrscheinlich" um Tunesier. Nach Angaben von Regierungschef Habib Essid war einer von ihnen den Sicherheitsbehörden bekannt.
Neun Verdächtige wurden festgenommen. Vier von ihnen stünden "in direkter Verbindung" mit dem Attentat, fünf weitere hätten Kontakt zu den Drahtziehern des Anschlags gehabt, erklärte die Präsidentschaft.
Die mit Kalschnikows bewaffneten Attentäter hatten am Mittwoch das direkt neben dem Parlament gelegene Museum gestürmt und das Feuer auf die Besucher eröffnet. Der tunesischen Regierung zufolge wurden ein Polizist sowie 20 Touristen getötet, unter ihnen drei Japaner, zwei Franzosen, zwei Spanier sowie Touristen aus anderen europäischen Ländern.
15 Opfer wurden inzwischen identifiziert. Deutsche Touristen kamen bei dem Anschlag offenbar nicht zu Schaden. Dutzende Menschen wurden bei dem Attentat verletzt. Zwei spanische Touristen überlebten den Anschlag, indem sie sich mithilfe eines Museumsmitarbeiters über Nacht in dem Gebäude versteckten.
Präsident Essebsi sagte am Donnerstag dem Sender TF1, die Attentäter hätten auch Sprengstoff bei sich gehabt. Sie hätten jedoch "nicht die Zeit gehabt", die Bomben zu zünden. Dank der Wachsamkeit und Schnelligkeit der Sicherheitskräfte sei "eine Katastrophe verhindert" worden. Zugleich betonte er, dass die Demokratie in seinem Land fest verankert sei.
Der Anschlag wurde weltweit verurteilt, viele werteten ihn als Angriff auf die junge Demokratie in dem nordafrikanischen Land. Die Regierung in Tunis kündigte einen "gnadenlosen Krieg gegen den Terrorismus an". Nach einer Krisensitzung teilte die tunesische Präsidentschaft mit, sie werde Soldaten in alle größeren Städte entsenden. Auch die Sicherheit der Grenzen soll einer Prüfung unterzogen werden.
Derweil wurde der Sitz des staatlichen Rundfunks am Donnerstag von Polizisten umzingelt. Nach "Terrordrohungen" sei dies eine "Vorsichtsmaßnahme", hieß es von der Rundfunkanstalt.
Rund 200 Demonstranten versammelten sich am Donnerstag vor dem Museum und riefen "Terrorismus raus". Vor dem Gebäude legten sie Blumen nieder. In Brüssel hielten die Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedstaaten zum Auftakt des EU-Gipfels eine Schweigeminute für die Anschlagsopfer ab.
In Tunesien hatte Ende 2010 der sogenannte Arabische Frühling seinen Anfang genommen. Im Gegensatz zu vielen anderen arabischen Staaten verlief die politische Entwicklung in dem Land seitdem relativ stabil. Gewalt, Repressionen und Gesetzlosigkeit blieben eher Ausnahmeerscheinungen.
Allerdings erlebte die bewaffnete Jihadistenbewegung seit der Revolution einen Aufschwung, sie ist vor allem im Grenzgebiet zu Algerien aktiv. Dutzende Polizisten und Militärs wurden bei Zusammenstößen getötet. Zudem haben sich zwischen 2000 und 3000 junge Tunesier Schätzungen zufolge in den vergangenen Jahren den Islamisten in Syrien und im Irak angeschlossen.
Der Anschlag dürfte auch die Tourismusindustrie, ein Schlüsselsektor der tunesischen Wirtschaft, hart treffen. Diese hat bereits Mühen, sich von den Folgen der Revolution zu erholen. Die Kreuzfahrtunternehmen Costa Crociere und MSC erklärten, mit ihren Schiffen vorerst nicht mehr in Tunis anzulegen. Unter den Opfern des Attentats waren nach Unternehmensangaben auch neun Passagiere des Schiffs "MSC Splendida".