Analyse am Weekend

Islamisten im Anzug sind die neuen Machthaber in Syrien

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Wie viel Blut klebt an den Händen der Rebellen, die Diktator Assad vertrieben?

Syrien extrem. Den Todesstoß verpasste Assads Regime die Islamisten-Allianz Hayat Tahrir al-Sham (HTS). In Europa wird die Gruppe als Terrororganisation eingestuft. In Syrien sind sie nun die Machthaber.

Dort, wo vor zehn Tagen noch Bashar al-Assad und sein Clan Befehle bellten, sitzen jetzt die Kriegsherren. Sie haben die Kontrolle über Nationalbank, Armee, plünderten den Palast Assads, öffneten alle Gefängnisse. Das große Chaos und Blutvergießen im Siegesrausch blieb aber aus. Zumindest bisher.

Wer aber sind die neuen Machthaber? Die Vita der Chefs lässt auf den ersten Blick nichts Gutes vermuten:

  • Abu Mohammed al-Golani, 42, ist der militärische Führer. 2003 schloss sich Golani, der eigentlich Ahmed Hussein al-Sharaa heißt, den Mörderbanden des IS im Irak an. Mit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien 2011 schickte ihn der damalige Chef des IS, Abu Bakr al-Bagdadi, zurück nach Syrien. Dort baute Golani die Al-Nusra-Front auf, eine blutrünstige Mischung als Al-Kaida und IS. Die Gruppe tötete, folterte, übte Gewalt gegen Minderheiten aus.

Wendehals. Von den transnationalen Zielen seiner einstigen Verbündeten sagte Golani sich 2014 los: „Der Islamische Staat und Al-Kaida sind Geschichte für mich.“

Plötzlich Hero. Heute gibt sich Golani als moderater Politiker: „Die Milizen sind doch nur Teil des großen Projekts, können sich jederzeit wieder auflösen. Sie sind kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um eine Aufgabe zu erfüllen – den Aufbau eines neuen Syriens“, sagte er zuletzt in einem CNN-Interview.

"Kommt zurück". Zum Interims-Chef der Übergangsregierung machte er Mohammed al-Bashir, 41, studierter Elektro-Ingenieur, ein Islamist im Anzug. Er hat einen Abschluss in Scharia und Recht von der Universität Idlib, gehörte dem „Salvation Government“ („Heilsregierung“) der sunnitischen Rebellengruppe an. Nach eigenen Angaben will er nur bis März 2025 bleiben. Die 10 Millionen Syrer, die ins Ausland geflüchtet sind, ruft er zur Rückkehr auf. Wohin aber werden Bashir und Golani das Land nach 13 Jahren voller Krieg und Tyrannei führen? Sind die Ex-Dschihadisten tatsächlich die tragenden Figuren einer Koalition aus verschiedensten Fraktionen und 10 unterschiedlichen Ethnien in Syrien? Wir müssen abwarten, genau hinsehen. Fehler wie 2011, als der Bürgerkrieg ausbrach, dürfen sich nicht wiederholen. Syrien hat keine weitere Chance.

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