Piraten streben Viererkoalition an.
In Island droht der Regierung die Abwahl - obwohl die Wirtschaft boomt. Grund sind brisante Enthüllungen über Briefkastenfirmen aus den "Panama Papers", die das Vertrauen in die Mächtigen erschüttern. Erstmals könnte die Piratenpartei in der Regierung sitzen.
Island hat am Samstag ein neues Parlament gewählt. Die Abstimmung wurde wegen massiver Proteste gegen die Regierung um ein halbes Jahr vorgezogen. Im April war der rechtsliberale Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson nach Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen abgetreten.
Letzte Umfragen sagten der Regierung aus Rechtsliberalen und Konservativen eine Niederlage voraus - und im Gegenzug der Piratenpartei starke Zuwächse. Auf Initiative der Piraten haben die vier Oppositionsfraktionen im Parlament eine Zusammenarbeit für den Fall vereinbart, dass sie gemeinsam eine Mehrheit erreichen.
Rund 246.500 Bürger des Inselstaats am Polarkreis waren aufgerufen, bis Mitternacht (MESZ) ihre Stimme abzugeben. Zwar könnten die Konservativen als stärkste Partei aus der Wahl hervorgehen. Für eine Regierung mit der steil abgestürzten liberalen Fortschrittspartei dürfte es danach aber nicht reichen.
Der Name des Gunnlaugsson war in den sogenannten Panama Papers aufgetaucht, weil seine Frau eine Firma auf den Britischen Jungferninseln besitzt. Anfang April hatten zahlreiche Medien über gut 200.000 von der panamesischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Veröffentlichung führte zu Ermittlungen auf der ganzen Welt und einer internationalen Debatte über Steueroasen und Geldwäsche.
Die Piratenpartei setzt auf einen Machtwechsel, wie die inoffizielle Parteichefin der Piraten, Birgitta Jonsdottir, sagte. "Wir haben es absolut klargestellt, dass wir keine Regierung mit den Konservativen oder den Liberalen bilden werden."
Eine Koalition würde neben den Piraten aus Links-Grünen, Sozialdemokraten und der relativ jungen EU-freundlichen Partei "Bright Future" bestehen, die es 2013 zum ersten Mal ins Parlament geschafft hatte. Letzten Umfragen zufolge könnten die vier Parteien ganz knapp eine Mehrheit schaffen. In dem 63 Sitze starken Parlament sind dafür 32 Sitze nötig.
Der Wahlkampf hatte sich unter anderem um das unterfinanzierte Gesundheitswesen und Fischereiquoten gedreht. Auch die EU war ein Thema gewesen: Mehrere Parteien, darunter die Piraten, fordern eine Abstimmung darüber, ob die nach der vergangenen Wahl abgebrochenen Gespräche mit der EU wieder aufgenommen werden sollten.