Nahost-Friedensgespräche gefährdet. Palästinenser tötet israelischen Soldaten.
Nach scharfen Protesten gegen den geplanten Bau von gut 20.000 neuen Siedlerwohnungen im Westjordanland hat Israel das Vorhaben vorerst auf Eis gelegt. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat bekräftigte am Mittwoch Warnungen vor einem "offiziellen Ende der Friedensverhandlungen", sollten die israelischen Pläne dennoch umgesetzt werden. Im Norden Israels kam es unterdessen zu neuer Gewalt. Ein 16-jähriger Palästinenser tötete Mittwochfrüh in einem Bus einen 18-jährigen Soldaten mit einem Messer.
Erakat sagte dem palästinensischen Rundfunk am Mittwoch, nach der Rückkehr des Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen) aus Ägypten im Verlauf des Tages sei eine dringende Beratung über die jüngsten Entwicklungen geplant. Unter anderem erwäge man einen Gang zum Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Abbas habe darüber auch mit US-Außenminister John Kerry gesprochen.
Netanyahu will Baupläne überprüfen
Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte am Dienstagabend eine Überprüfung der Baupläne an. Israelische Medien hatten zuvor vom geplanten Bau von rund 20.000 Wohnungen im Westjordanland berichtet. Aus Netanyahus Büro hieß es, die Pläne seien vom Bauministerium ohne dessen Wissen veröffentlicht worden. Der ultrarechte Minister Uri Ariel habe der Überprüfung zugestimmt. Bei allen veröffentlichten Plänen handle es sich nur um potenzielle Baupläne und nicht um Projekte in aktuellen Planungsphasen.
Die Ankündigung schaffe "unnötige Konflikte mit der internationalen Gemeinschaft ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem wir sie überzeugen wollen, ein besseres Abkommen mit dem Iran auszuhandeln", sagte Netanyahu. "Ariel verhält sich wie ein Brandstifter", zitierte die israelische Zeitung "Yedioth Ahronoth" am Mittwoch einen Vertrauen Netanyahus. "Während wir auf der ganzen Welt Bemühungen unternehmen, um einen schlechten Handel mit dem Iran zu verhindern, benimmt Ariel sich verantwortungs- und gedankenlos."
USA "zutiefst besorgt"
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jennifer Psaki, sagte am Abend in Washington, die USA seien "zutiefst besorgt" über die Berichte. "Wir sind von den Ankündigungen überrascht worden und versuchen derzeit, genauere Erklärungen von der Regierung Israels zu bekommen." Die US-Position in der Frage sei unverändert: "Wir akzeptieren die Zulässigkeit der andauernden Siedlungsaktivität nicht."
Kerry hatte in der vergangenen Woche während einer dreitägigen Vermittlungsmission in Nahost den israelischen Siedlungsausbau ungewöhnlich scharf kritisiert. Die Palästinenser hatten gedroht, die im Juli wiederaufgenommenen Friedensverhandlungen zu beenden, sollte Israel die Bauaktivitäten fortsetzen. Israel hat jedoch betont, man habe nie einem Siedlungsstopp zugestimmt.
Messerattacke auf israelischen Soldaten
Einen Tag nach den Berichten über neue Siedlungsprojekte stach in einem Bus im Norden Israels ein jugendlicher Palästinenser immer wieder auf einen israelischen Soldaten ein. Der 18-Jährige starb kurz darauf im Krankenhaus. Es ist der vierte Israeli, der seit Beginn der Verhandlungen vor dreieinhalb Monaten getötet wurde. Auf der palästinensischen Seite starben zwölf Menschen.
Israel gab unterdessen im Streit mit der Europäischen Union um Sanktionen gegen seine Siedlungen in den besetzten Gebieten nach einem Medienbericht weitgehend nach. Die israelische Regierung habe in Brüssel einen fertigen Vertragsentwurf für die künftige Forschungszusammenarbeit vorgelegt, meldete am Mittwoch die Tageszeitung "Haaretz". Darin werde erstmals die europäische Position anerkannt, dass EU-Gelder nicht in Projekte fließen dürfen, die jenseits der Grenzen Israels vor dem Sechstagekrieg von 1967 liegen.