Proteste in der Türkei

Istanbul: Polizei räumt Taksim-Platz

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Demonstranten zogen sich in Gezi-Park zurück - Erdogan: Keine Toleranz" mehr.

Die türkische Polizei hat den Taksim-Platz in der Millionen-Metropole Istanbul gestürmt. Sie setzte dabei Tränengas und Wasserwerfer ein und lieferte sich bis in die Nacht hinein Auseinandersetzungen mit Demonstranten. 30 Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt. Am Mittwoch in der Früh war der Platz weitgehend geräumt.

In der Hauptstadt Ankara kam es ebenfalls zu Zusammenstößen. Auch hier setzte die Polizei Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein. Für Mittwoch ist ein Treffen von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit Vertretern der Protestbewegung geplant. Das Treffen ist für 15.00 Uhr (MESZ) am Sitz der Regierungspartei AKP in Ankara angekündigt.

Großeinsatz auf dem Taksim-Platz
Der Großeinsatz der türkischen Polizei gegen die Demonstranten auf dem Taksim-Platz hatte die Lage am Dienstagvormittag nach zehn Tagen zumeist friedlicher Proteste dramatisch verschärft. Schwer gerüstete Einsatzkräfte attackierten Zehntausende Demonstranten mit Wasserwerfern und Tränengas, berichteten Augenzeugen. Aus Reihen der Demonstranten wurde sie mit Steinen und Molotowcocktails beworfen.

Fernsehbilder aus Istanbul zeigten, dass sich die Demonstranten in die Nebenstraßen des Platzes und den benachbarten Gezi-Park zurückgezogen hatten. Auf dem Platz selbst waren nur noch Einsatzkräfte und Bulldozer zu sehen, die Trümmer und Barrikaden wegräumten.

Taksim-Platz Istanbul Grafik
© APA

Lage des Taksim-Platzes in Istanbul; Grafik: APA

Erdogan: "Keine Toleranz" mehr
Obwohl die Behörden versichert hatten, das Protestlager im Gezi-Park nicht räumen zu wollen, drangen Sicherheitskräfte nach Angaben von Aktivisten am Abend erneut in das Camp ein. Die Demonstranten harrten aber auch in der Nacht auf Mittwoch in ihrem Camp aus.

Stunden zuvor hatte Erdogan ein Ende der Demonstrationen gefordert. In einer im Fernsehen übertragenen Rede vor Abgeordneten seiner Regierungspartei AKP ermahnte er die Demonstranten auf dem Taksim-Platz und anderenorts, die Proteste aufzugeben. "Aber für die, die weitermachen wollen, sage ich: "Es ist vorbei."" Ab sofort gebe es "keine Toleranz" mehr, warnte Erdogan.

Kritik der USA
Das harte Vorgehen der türkischen Behörden gegen regierungskritische Demonstranten ruft nun auch die USA auf den Plan. US-Präsidialamtssprecherin Caitlin Hayden rief den engen Verbündeten am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington auf, fundamentale Freiheitsrechte zu wahren.

Ursprünglich hatten sich die Proteste an einem Plan zur Überbauung des Gezi-Parks in Istanbul entzündet. Nach der gewaltsamen Räumung des Protestcamps hatten sie sich aber zu einer landesweiten Protestwelle gegen den als immer autoritärer empfundenen Kurs Erdogans ausgeweitet. Bei den Demonstrationen gab es seit Ende Mai vier Tote und nach Angaben von Ärzteorganisationen rund 5.000 Verletzte.

VIDEO TOP-GEKLICKT: Istanbul. Die Gewalt eskaliert weiter

Erdogan beschimpft Demonstranten als "Plünderer"
Als "Plünderer" (Türkisch: Capulcu/Mehrzahl: Capulcular) hat der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan die Protestierenden in seinem Land bezeichnet. Nun nennen sie sich selbst so und erobern damit die Deutungshoheit.

Straßenschlacht in Istanbul






 

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