Italien hat mit einem feierlichen Staatsbegräbnis in Mailand mit tausenden Menschen Abschied von dem am Montag verstorbenen Expremier und Medienunternehmer Silvio Berlusconi genommen.
Mailand. Im Mailänder Dom versammelten sich 2.300 Personen, darunter Mitglieder von Berlusconis Großfamilie, Gäste aus Politik, Wirtschaft, Sport und Fernsehen. 17.000 Personen konnten der Trauerzeremonie im Dom und auf dem Platz davor beiwohnen.
An dem Staatsbegräbnis beteiligten sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der Emir von Katar, Tamim bin Hamad, sowie der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. Der EU-Wirtschaftskommissar, der Italiener Paolo Gentiloni, vertrat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Österreich wurde vom Generalkonsul in Mailand, Clemens Mantl, vertreten. In den ersten Reihen im Mailänder Dom saßen Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella, Premierministerin Giorgia Meloni, die Parlamentspräsidenten Ignazio La Russa und Lorenzo Fontana und 32 Regierungsmitglieder, sowie die gesamte Riege von Berlusconis rechtskonservativer Partei Forza Italia, Juniorpartner der Koalition in Rom, Ex-Regierungschef Mario Draghi und der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala. Oppositionschefin Elly Schlein führte eine Delegation der Demokratischen Partei (PD). 700 italienische und ausländische Journalistinnen und Journalisten waren für die Trauerzeremonie akkreditiert.
2.300 Personen zur Trauerzeremonie zugelassen
Zwei Großbildschirme wurden auf dem Domplatz für die Menschenmenge, die die Zeremonie verfolgte, aufgestellt. Die U-Bahn-Station nahe dem Mailänder Dom wurde geschlossen, der Zugang zum Platz wurde streng kontrolliert. Schon seit dem frühen Mittwoch strömten Menschen zum Mailänder Domplatz, viele von ihnen trugen Fahnen der Forza Italia, der Partei Berlusconis, und seines ehemaligen Fußballklubs AC Milan. "Silvio, Silvio!", skandierten Fans des verstobenen Premierministers. Drei Personen wurden vermutlich wegen der Hitze ohnmächtig und mussten ärztlich versorgt werden. Vor dem Domplatz wurden mehrere Blumenkränze ausgestellt.
Ein Auto mit Berlusconis Sarg zog von Berlusconis Residenz in Arcore bis zum Mailänder Stadtzentrum. Ihm folgte ein Fahrzeug mit den engsten Angehörigen. Auch Berlusconis zweite Ehefrau Veronica Lario, die sich von ihm 2009 getrennt hatte und die einen langjährigen Streit mit dem Ex-Mann um die Alimente geführt hatte, war bei der Trauerzeremonie anwesend, die von der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt RAI und Berlusconis Mediaset-Kanäle live übertragen wurde.
Die Messe wurde vom Mailänder Erzbischof Mario Delpini zelebriert. Als der Sarg in die Kirche getragen wurde, applaudierten die Menschen lang. Hinter dem Sarg betraten die Kinder Berlusconis und seine Lebensgefährtin Marta Fascina die Kirche. Die 33-jährige Parlamentarierin brach mehrmals in Tränen aus. "Berlusconi war ein Mann voller Leben, Liebe und Freude. Er hat sein Leben als Chance betrachtet, um seine Talente zu nutzen. Er hat die Herausforderungen des Lebens gemeistert", sagte der Erzbischof in seiner Predigt. Als der Sarg aus dem Dom getragen wurde, applaudierte die Menschenmenge. Fans von Berlusconis Ex-Fußballclubs AC Milan skandierten Chöre zu Ehren des TV-Tycoons.
Trauertag in Italien ausgerufen
Für Mittwoch wurden ein Trauertag in Italien ausgerufen und alle Fahnen auf halbmast gesetzt. Auch die italienische und die europäische Fahne vor dem EU-Parlament in Straßburg wurden als Zeichen der Trauer für Berlusconis Tod auf halbmast gehisst. Die Arbeit im Parlament wird die ganze Woche lang ruhen. Politiker aus allen Lagern kondolierten der Familie Berlusconis. Die fünf Kinder des Medienmoguls veröffentlichten in den prestigereichsten italienischen Tageszeitungen eine Seite, in dem sie ihrem Vater dankten. "Danke für das Leben und für die Liebe. Du wirst immer in uns weiterleben", hieß es im Inserat, das von Berlusconis Kindern Marina, Pier Silvio, Barbara, Eleonora und Luigi geschaltet wurde. Veröffentlicht wurde auch ein ganzseitiges Inserat von Berlusconis Mediengruppe Mediaset. "Ganz Mediaset umarmt mit Liebe und Dankbarkeit seinen Gründer Silvio Berlusconi", hieß es.
Der 86-jährige Berlusconi war am Montag in der Mailänder Klinik San Raffaele gestorben. Er litt an chronischer Leukämie. Der Medienunternehmer hat Italiens politische Landschaft seit seinem Einstieg in die Politik im Jahr 1994 zutiefst geprägt. Er war der Ministerpräsident, der seit der Gründung der Republik 1946 am längsten amtiert hatte. Der Senat legte am Mittwochnachmittag eine Schweigeminute zu Ehren des Vorsitzenden der Forza Italia ein.
Kritik an Staatstrauer für Berlusconi
Die Entscheidung der Regierung für ein Staatsbegräbnis und eine Staatstrauer für Berlusconi auszurufen, wird von Oppositionellen angefochten. Sie kritisierten eine quasi "Heiligsprechung" Berlusconis durch seine Medien. Bisher war noch nie ein Trauertag für einen Premier ausgerufen wurden. Politikerinnen und Politiker der Opposition beschuldigten die Regierung Meloni, Berlusconis Begräbnis zur politischen Propaganda zu nutzen.
Klare Worte sprach der sozialdemokratische Senator Andrea Crisanti, der die Entscheidung für den Trauertag als "unangemessen" bezeichnete: "Ich begreife den Schmerz, den das Ableben von Berlusconi nicht nur bei seinen Angehörigen auslöst, denen mein aufrichtiges Beileid gilt, sondern auch bei seiner politischen Gemeinschaft, die sich mit seinem politischen Kurs und seiner Person identifiziert hat. Ich muss jedoch meine entschiedene Ablehnung gegenüber einem Staatsbegräbnis zum Ausdruck bringen, das ich für unangemessen halte, sowie gegenüber einem nationalen Trauertag für den ehemaligen Ministerpräsidenten", meinte Crisanti und bezog sich auf die vielen Skandale, in die Berlusconi verwickelt war.
"Wegen Steuerbetrugs verurteilt"
Paolo Romano, sozialdemokratischer Regionalrat in der Lombardei, schrieb an Premierministerin Meloni, um gegen den Trauertag zu protestieren. "Berlusconi wurde wegen Steuerbetrugs verurteilt, er hat wirtschaftliche Vereinbarungen mit der Mafia getroffen, er hat uns Italiener in Europa und der Welt mit seinen Privatangelegenheiten lächerlich gemacht. Er verdient keinen Trauertag", kritisiert der sozialdemokratische Vertreter in einem Posting. Anders sieht die Lage die EU-Parlamentarierin der Forza Italia und Duce-Enkelin Alessandra Mussolini. "Berlusconi verdient einen Trauertag, denn das ganze italienische Volk trauert um ihn", sagte die EU-Abgeordnete.
Nach der Trauerzeremonie wird Berlusconis Leichnam zurück in seine Residenz in Arcore bei Mailand überführt und dann eingeäschert. Die Asche soll in der Familiengruft in Arcore aufbewahrt werden.