An einer Verwerfung nahe der Hauptstadt hat sich Druck aufgebaut.
Mit dem verheerenden Beben im Nordosten Japans hat sich nach Einschätzung von Geologen die Wahrscheinlichkeit eines schweren Erdbebens für die Hauptstadt Tokio erhöht. Die massiven Erschütterungen vom 11. März hätten die Erdoberfläche verändert und dadurch Druck an einer Verwerfung in der Nähe der japanischen Hauptstadt aufgebaut, sagte Roger Musson vom Britischen Geologischen Institut.
Stärke 9,0 unwahrscheinlich
Das bedeute nicht, dass ein ebenso starkes Erdbeben die japanische Hauptstadt treffen werde. Die Struktur der tektonischen Platten und Verwerfungen sei dort eine andere, was ein Beben der selben Intensität wie jenes am 11. März mit einer Stärke von 9,0 unwahrscheinlich macht, sagt Musson.
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Doch angesichts der großen Bevölkerungsdichte - in Tokio und Umgebung leben 39 Millionen Menschen - könnte auch ein schwächeres Beben verheerend sein. "Auch wenn es zum Beispiel eine Stärke von 7,5 hätte, wäre das ernst", erklärt der Seismologe. Verwerfungen wie jene unter Tokio entstehen dort, wo zwei Kontinentalplatten aufeinanderstoßen, auseinandertreiben oder aneinanderreiben.
380 Kilometer langer Graben
Das Erdbeben vom 11. März habe am Meeresboden einen Graben von 380 Kilometern Länge und 190 Kilometern Breite aufgeworfen, als eine dieser tektonischen Platten sich neun Meter unter eine andere legte, erklärte Eric Fielding vom Jet Propulsion Laboratory der US-Weltraumbehörde NASA.
Das habe zwar Druck an der Bruchstelle abgebaut, ihn aber in den anliegenden Segmenten erhöht - und das könnte ein gefährliches Nachbeben in der Nähe von Tokio auslösen, meint auch Brian Atwater vom Geologischen Institut der USA.
Dies wäre ein gängiges Szenario nach großen Erdbeben. So folgte etwa drei Monate nach dem Beben und dem Tsunami 2004 vor Indonesien, bei dem etwa 240.000 Menschen starben, ein Nachbeben der Stärke 8.6 etwas weiter entlang der Verwerfung. Auf den wenig bewohnten Nias-Inseln kamen damals rund 1.000 Menschen um.
Druck könnte sich auch anderswo entladen
"Aber es ist schwierig zu sagen", sagt Atwater. "Es gibt gute Beispiele, dass ein solcher Druckaufbau zu weiteren Erdbeben führt, aber es gibt auch gute Beispiele dagegen." Außerdem könnte sich dieser Druck auch anderswo - und nicht vor Tokio - entladen.
Laufend kämen zudem auch neue Informationen herein, sagen zwei Wissenschafter am Geologischen Institut der USA. Man werde aber vor allem die Verwerfung unter Tokio genau beobachten.
Der "Ring of Fire"
Japan liegt im pazifischen "Feuerring" mit zahlreichen Vulkanen, in dem Verschiebungen von Erdplatten immer wieder zu Erschütterungen führen. Dennoch hätten wenige Geologen bis zum 11. März daran geglaubt, dass Japan ein Erdbeben der Stärke 9 oder höher treffen würde, sagte Andrew Moore vom Earlham College im US-Bundesstaat Indiana. Es war das stärkste Beben, das Japan seit Beginn der Aufzeichnungen vor 130 Jahren erlebt hat.
Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Japan in den vergangenen 3.500 Jahren immer wieder von solchen kräftigen Erdstößen getroffen worden war. Sandablagerungen weisen darauf hin, dass mehrere Beben bis zu neun Meter hohe Wellen ausgelöst hatten, die auf die nördliche Insel Hokkaido einschlugen, das letzte davon im 17. Jahrhundert.
Auch in Sendai, das am 11. März besonders hart getroffen wurde, existieren ähnliche Ablagerungen. Dort hatte sich zuletzt im Jahr 869 ein Tsunami seinen Weg zweieinhalb Kilometer ins Landesinnere gebahnt und etwa 1.000 Menschen getötet.