Studie "Die enthemmte Mitte"

Jeder zehnte Deutsche wünscht sich Hitler zurück

16.06.2016

Eine Studie fand Antworten auf die Frage "Wie rechtsextrem ist Deutschland?".

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Seit Beginn der Flüchtlingskrise kommt es in Deutschland immer wieder zu rechtsextremen Ausschreitungen: Asylheime werden attackiert, selbsternannte Patrioten marschieren durch die Straßen, rechtspolitische Parteien feiern immer größere Wahlerfolge...

Deshalb wollte die Studie mit dem Namen "Die enthemmte Mitte" herausfinden, wie rechtsextrem die Deutschen wirklich sind und was in den Köpfen der Menschen vorgeht. Die Antworten waren, wie der "Focus" berichtet, beunruhigend.

Bedenkliche Befunde
Im Zuge der aktuellen Studie wurden 2420 Menschen in Deutschland befragt. Dabei kam heraus, dass sich die Hälfte der Bürger "durch die vielen Muslime [...] manchmal wie ein Fremder im eigenen Land" fühlen. Ganze 41 Prozent der Deutschen sind außerdem der Meinung, dass Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland komplett verboten werden sollte.

Fast zwei Drittel der Befragten war darüber hinaus der Ansicht, dass die meisten Asylwerber in ihrem Heimatland keine Verfolgung zu befürchten hätten. Dass der Staat bei der Prüfung von Asylanträgen nicht großzügig sein sollte, finden sogar 81 Prozent der Studienteilnehmer.

Ansichten über Roma und Sinti
Doch nicht nur Asylwerber sind den Deutschen ein Dorn im Auge: 58,5 Prozent der Deutschen meinen, dass Roma und Sinti zur Kriminalität neigen - auch etwa die Hälfte der Bevölkerung würde diese Bevölkerungsgruppe am liebsten aus den Innenstädten verbannt sehen.

Des Weiteren sind auch Schwule und Lesben immer wieder Zielscheibe solcher Abwertungen. Während die Aggressionen gegen einzelne gesellschaftliche Gruppen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, bleiben "klassische" rechtsextreme Einstellungen im Durchschnitt auf einem gleichbleibenden Niveau. Dazu zählen etwa Judenhass, Überfremdungsängste, Führerfantasien oder auch der verharmlosende Blick auf die NS-Vergangenheit.

Wunsch nach einem Führer
Oliver Decker, einer der Studienautoren, erklärt, dass eine Verschiebung des Rechtsextremismus zu beobachten ist. "Althergebrachte" rechte Positionen verlagern sich heutzutage eher zu Aggressionen gegen einzelne Gruppen, da solche Aussagen gesellschaftlich auf größere Akzeptanz treffen als zum Beispiel die Verherrlichung der NS-Zeit. Laut Rechtsextremismus-Experten Timo Reinfrank gehöre diese Verschiebung zum Modernisierungskurs der Rechten.

Dennoch trifft aber auch das "verpönte Erbe des Rechtsextremismus" bei ungefähr jedem zehnten Deutschen noch auf Zustimmung. Der Nationalsozialismus und Hitler hätten auch gute Seiten, die Verbrechen der Nazi-Zeit würden übertrieben dargestellt, so denken etwa zehn Prozent. Außerdem brauche Deutschland wieder einen starken Führer.

Allgemeine Ausländerfeindlichkeit
Doch auch die allgemeine Ausländerfeindlichkeit ist in Deutschland weit verbreitet. Ein Drittel der deutschen Bevölkerung ist der Meinung, dass ihr Land "durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Ausmaß überfremdet" sei. Ungefähr 25 Prozent sind außerdem davon überzeugt, dass man Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken solle, wenn die Arbeitsplätze knapp werden.

Dieses Ausmaß habe laut Elmar Brähler, ein weiterer Studienautor, "zwar nicht zugenommen, aber es war immer schon da und es ist groß."

Gewaltbereitschaft
Die Studie fand außerdem heraus, dass Menschen mit rechten Einstellungen zur Durchsetzung ihrer Interessen durchaus auch Gewalt anwenden würden. Fast 20 Prozent der Studienteilnehmer erklärten sich dazu bereit, sich "mit körperlicher Gewalt gegen Fremde durchzusetzen". Weitere 28 Prozent würden zwar persönlich keine Gewalt anwenden, sehen jedoch nur Positives darin, "wenn es Leute gibt, die auf diese Weise für Ordnung sorgen".

Alternative für Deutschland
Vor allem unter den AfD-Anhängern und den Nichtwählern sind rechte bis rechtsextreme Positionen verbreitet. "Die Rechtsextremen haben in der AfD eine Heimat gefunden", erklärte Decker laut dem "Focus".

Die Forscher sind außerdem davon überzeugt, dass das Potenzial für rechtspopulistische Parteien noch nicht ausgeschöpft seien. Doch im Blick auf andere europäische Staaten lägen die Deutschen mit ihren rechten Einstellungen im Mittelfeld. In Österreich seien Umfrageergebnisse laut Brähler noch "weitaus bedrohlicher".

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