Russland in Flammen

Jetzt brennt Tschernobyl

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Flammen in atomversuchten Gebieten schüren die Angst vor einer neuen Strahlen-Wolke.

Die Feuer in Russland sind viel gefährlicher als bisher von den Behörden zugegeben. Auch in den atomverseuchten Gebieten brannte es.

Erstmals zugegeben
Offizielle Stellen haben es bis zuletzt heruntergespielt. Jetzt ist es offiziell: Auch jene Gebiete, die durch Atomunfälle aus der Vergangenheit strahlenverseucht sind, wurden von den schwersten Waldbränden der russischen Geschichte bereits heimgesucht. Eine Waldschutzbehörde gab jetzt erstmals zu, dass es im Gebiet um das berüchtigte Atomkraftwerk Tschernobyl bereits schwere Brände gegeben hat.

Allein in den Wäldern des stark kontaminierten Gebiets Brjansk habe es 28 Brände gegeben. Auch in anderen Regionen mit radioaktiver Strahlung habe es gebrannt, etwa in der Region um Tscheljabinsk am Ural. Zuvor hatten die Behörden Feuer in den Gebieten tagelang dementiert.

Partikel fliegen weit
Experten warnen jetzt davor, dass die Feuer und Winde, aber auch die Löscharbeiten verstrahlte Partikel in die Luft wirbeln könnten. „Unter bestimmten Bedingungen könnten diese Partikel bis nach Moskau und nach Osteuropa fliegen“, sagte der Ökologe Alexej von der russischen Akademie der Wissenschaften.

Gefahr von Atomunfällen
Der Wiener Risikoforscher und Atom-Experte Wolfgang Kromp sieht in den Atom-Wolken wenig Gefahr für Österreich. „In Russland selbst hat es aber schon in zwei Kraftwerken Zwischenfälle gegeben.“ Hintergrund: Durch zerstörte Überlandleitungen gab es Probleme mit der Stromversorgung, es kam zu Bränden in Transformatoren.

Imageproblem für Putin
Für Regierungschef Wladimir Putin werden die Brände unterdessen zum immer größeren Problem. Seine Umfragewerte sind im Sinkflug. Noch im Jänner waren fast 70 Prozent mit dem Ministerpräsidenten zufrieden. Anfang August lag die Zustimmungsrate nur noch bei 61 Prozent (Umfrage des Moskauer Instituts FOM).

Putin, der damit so unbeliebt ist wie zuletzt 2008, reagierte jetzt mit einer PR-Aktion. Er setzte sich als Co-Pilot in ein Löschflugzeug vom Typ Be-200 und ließ sich – in ständiger Begleitung von Fotografen – über zwei Waldbrände südöstlich von Moskau fliegen. Analysten sehen darin den Beginn des Kampfes um die Rückkehr in den Kreml. 2012 wird gewählt, und Putin hatte die besten Chancen – bis das Feuer kam.

Wolfgang Kromp ist Leiter des Instituts für Risikoforschung der Universität für Bodenkultur in Wien.

ÖSTERREICH: Jetzt ist bestätigt: Auch verstrahlte Gebiete in Russland haben gebrannt. Ist das beunruhigend?
Wolfgang Kromp: In der Umgebung der Brände können die verstrahlten Partikel zum Problem werden. Das darf man nicht herunterspielen. Aber für Österreich besteht derzeit keine Gefahr. Eine Wolke wie damals in Tschernobyl droht nicht. Für die Menschen vor Ort ist das ganze natürlich furchtbar.
ÖSTERREICH: Diese Informationen wurden tagelang vertuscht ...
Kromp: Die Politik hat nicht gelernt, dass gerade für atomare Energie Offenheit eine wichtige Voraussetzung wäre.
ÖSTERREICH: Welche Gefahren drohen neben verstrahlten Partikeln noch?
Kromp: Es hat bereits zwei Zwischenfälle bei Kraftwerken gegeben, die weit weg von den eigentlichen Feuern stehen. Im AKW Nowoworonesch und Kalinin gab es Probleme mit der Stromzufuhr, weil Überlandleitungen durch die Feuer zerstört wurden. Da hat es plötzlich Brände in den Transformatoren gegeben. Weiters könnte es gefährlich werden, wenn etwa radioaktive Lagerstellen vom Feuer betroffen sind. Ich gehe davon aus, dass Russland auf solche Situationen vorbereitet war und ist, aber so etwas ist immer ein Risiko.

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