Er sei nicht geflüchtet, sondern "in das Rettungsboot gestürzt".
Der Kapitän des havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia", der am Dienstagabend unter Hausarrest gestellt worden ist, hat nach Angaben der italienischen Justizbehörden erste Geständnisse gemacht. Der 52-jährige Francesco Schettino gab schwere Fehler zu. Er habe sich zu sehr der Insel Giglio genähert und das Schiff sei gegen einen Felsen gefahren. Er bestritt jedoch, nach dem Unfall geflüchtet zu sei.
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Schweres menschliches Versagen seitens des Kapitäns könnte nach Angaben des Eigners der "Costa Concordia" zur Havarie des Kreuzfahrtschiffes geführt haben.
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"Es scheint, dass der Kommandant Beurteilungsfehler gemacht hat, die schwerste Folgen gehabt haben", teilte die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere mit.
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Sie ging damit auf Distanz zu Kapitän Francesco Schettino, der das Schiff mit mehr als 4.200 Menschen an Bord am Freitagabend zu dicht an die Insel Giglio vor der toskanischen Küste gesteuert haben soll, wo es auf einen Felsen lief und leckschlug.
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Bergungsmannschaften setzten unterdessen am Montag in der Früh die Suche nach den noch vermissten Passagieren und Besatzungsmitgliedern fort.
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Mehr als zwei Tage nach dem Kentern des Schiffes wurden immer noch 15 Menschen vermisst.
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Unterdessen wurde auch mit den Vorbereitungen für ein Leerpumpen der Öltanks der "Costa Concordia" begonnen.
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Die niederländische Bergungsfirma Smit sei vom Eigner und dem Versicherer des Kreuzfahrtschiffs mit den Pumparbeiten beauftragt worden.
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Der Kapitän sitzt seit Samstag in Untersuchungshaft.
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Es sehe so aus, als seien die Entscheidungen des Kapitäns in der Notsituation nicht den üblichen Regeln von Costa Crociere gefolgt, erklärte die Reederei.
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Zugleich wurde der Vorwurf einiger Passagiere zurückgewiesen, dass bei der Evakuierung in der Nacht auf Samstag nicht genügend Schwimmwesten zur Verfügung gestanden hätten. An Bord hatten sich auch 77 Österreicher befunden, die alle unverletzt davonkamen.
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Dem Kapitän droht unter anderem ein Verfahren wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung. Berichten zufolge soll er das Schiff so dicht an die Insel herangesteuert haben, um Touristen im Hafen mit dem Signalhorn grüßen zu können.
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Die Kreuzfahrtgesellschaft ging in ihrer Erklärung nicht weiter auf die Vorwürfe ein.
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Einzelheiten zum Hergang des Unglücks erhofft man sich von der Auswertung der Blackbox des Schiffes, die ähnlich wie in Flugzeugen Kommunikation auf der Brücke und Steuerbefehle aufzeichnet.
Der Kapitän, seit 2006 im Dienst der Rederei Costa Crociere, dem Betreiber der "Costa Concordia", gab zu, dass er vor der Insel ein Manöver namens "Die Verneigung" vollführen wollte, bei dem das Schiff mit voller Beleuchtung und Sirenen die Küstenbewohner grüßt. Damit wollte Schettino einen befreundeten Kapitän grüßen, mit dem er telefonierte. "Das Manöver war schon beim Start in Civitavecchia beschlossen worden, doch ich habe einen Fehler gemacht. Ich kenne die Strecke gut und ich hatte das Manöver schon drei- oder viermal vollführt. Diesmal bin ich in zu seichtes Wasser geraten. Ich weiß nicht, warum das passiert ist. Ich war Opfer meiner Gedanken", sagte Schettino den Ermittlern bei einer dreistündigen Anhörung am Dienstag.
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Am Sonntag hatte bereits die Staatsanwaltschaft massive Vorwürfe gegen den Kapitän erhoben. Dieser habe den Luxusliner "extrem ungeschickt" zu nahe an die Insel herangeführt, betonte ein Staatsanwalt. Zudem habe Schettino das Schiff lange vor dem Ende der Evakuierungsaktion verlassen. Damit habe er die Passagiere sich selbst überlassen, darunter 300 Kinder und Behinderte.
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Schettino bestritt jedoch eine Flucht. "Die Passagiere drängten sich am Deck, um auf die Rettungsboote zu kommen. Ich hatte nicht einmal eine Schwimmweste an, weil ich sie einem Passagier gegeben hatte. Ich versuchte, die Passagiere in die Schaluppen zu bringen. Doch plötzlich hat sich das Schiff um 70 Grad geneigt, ich bin ausgerutscht und in eine Schaluppe gestürzt", rechtfertigte sich Schettino. Wegen der starken Neigung, konnte er dann nicht mehr in die "Costa Concordia" zurückkehren. Er habe jedoch die Evakuierungsaktion unweit des Schiffes koordiniert.
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Inzwischen verschlechterten sich die Wetterbedingungen vor der Insel Giglio. Die Costa Concordia begann, sich sichtbar zu bewegen
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Die Costa Concordia begann, sich sichtbar zu bewegen.
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Daraufhin wurde aus Sicherheitsgründen beschlossen, die Suche nach Überlebenden im Wrack vorübergehend auszusetzen.
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Wenn sich das Schiff weiterhin bewegt, besteht höchste Gefahr für die Taucher", erklärte Umweltminister Corrado Clini.
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Die Reederei Costa Crociere, Betreiber der "Costa Concordia", warf dem Kapitän "Fehlentscheidungen" vor. Er habe sich nicht an Bestimmungen gehalten.
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"Die Route des Schiffs führte offenbar zu nahe an der Küste vorbei, wobei sich die Einschätzung des Kapitäns für einen Notfall nicht mit den von Costa vorgegebenen Standards deckte", heißt es in einer Presseaussendung der Costa Crociere.
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Schettino sei 2002 als Sicherheitsoffizier zu Costa gekommen und 2006 zum Kapitän ernannt worden.
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Der Eigner des havarierten Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia", Carnival, ist an der Londoner Börse massiv abgestraft worden.
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Die Titel fielen am Montag in der Spitze um knapp 29 Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahrestief.
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Dabei wechselten binnen der ersten Handelsstunde fast viermal so viele Aktien den Besitzer wie an einem gesamten Durchschnittstag.
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Carnival bleibt nach eigenen Angaben auf einem Schaden von rund 85 bis 95 Mio. Dollar (bis zu 74,4 Mio. Euro) sitzen, allein schon weil das vor der italienischen Küste gesunkene Schiff voraussichtlich das ganze Jahr nicht einsetzbar sein wird.
Die Staatsanwälte wollten Schettino nicht glauben und ihn einem Drogentest unterziehen. Der Kapitän sträubte sich nicht dagegen. Er habe weder getrunken, noch Suchtgift konsumiert , versicherte er. Die Staatsanwälte protestierten gegen den Beschluss einer Untersuchungsrichterin, Schettino unter Hausarrest zu stellen. "Wir können eine Person nicht im Gefängnis halten, nur weil es die Öffentlichkeit verlangt", erwiderte Untersuchungsrichterin Valeria Montesarchio laut italienischen Medien.
Inzwischen laufen die Ermittlungen um das Unglück weiter. Zwei Offiziere, die mit Schettino am Abend der Katastrophe das Schiff verlassen hatten, sind ins Visier der Staatsanwälte geraten. Ermittlungen sollen auch gegen den für Krisen zuständige Manager der Rederei Costa Crociere aufgenommen werden, berichteten italienischen Medien.
Die italienischen Behörden verzeichneten nach der Havarie des Schiffes vor der Insel Giglio am Dienstagabend 28 Vermisste, darunter 13 Deutsche. Die Zahl der Toten wurde zu diesem Zeitpunkt mit elf angegeben, außerdem gab es rund 80 Verletzte. Zum Zeitpunkt des Unglücks am Freitagabend waren mehr als 4.000 Menschen an Bord, darunter 77 Österreicher, die alle wohlauf sind.