Jon Venables tötete als Zehnjähriger einen Buben. Nun soll er ein Sexualverbrechen begangen haben.
Das Verbrechen schockierte ganz Großbritannien: Zwei zehnjährige Buben ermordeten 1993 ein zweijähriges Kleinkind auf brutalste Art und Weise. Acht Jahre saßen sie deshalb im Gefängnis. Nach ihrer Entlassung bekamen sie andere Namen, und den Medien wurde verboten, etwas zu berichten, was auf ihre neue Identität schließen könnte. Doch nun ist einer der beiden wieder in den Schlagzeilen. Jon Venables sei wegen "sehr ernster Anschuldigungen" festgenommen worden, bestätigte Justizminister Jack Straw.
Die Boulevardzeitung "The Sun" berichtete am Samstag, der mittlerweile 27-jährige Venables werde eines Sexualverbrechens beschuldigt. Dafür gab es zunächst keine offizielle Bestätigung. Nicht einmal Denise Fergus, die Mutter des vor 17 Jahren ermordeten James Bulger, kennt die Gründe für Venables' neuerliche Inhaftierung. Straw werde sich in den kommenden Tagen mit ihr treffen, teilte das Justizministerium am Freitag mit.
Zweijährigen entführt
In Großbritannien ist nun eine
Debatte im Gange, ob Venables und der gleichaltrige Mittäter Robert Thompson
vielleicht besser ihr Leben lang hinter Gittern hätten bleiben sollen - oder
ob sie die Chance zur Resozialisierung verdient hatten. Der "Daily Mirror"
nannte Venables einen "barbarischen Verbrecher", für viele verkörperten er
und Thompson das Böse schlechthin.
Die beiden waren gerade einmal zehn Jahre alt, als sie den zwei Jahre alten James in Liverpool entführten. Das Kind wartete in einem Einkaufszentrum vor einem Geschäft auf seine Mutter. Die älteren Buben führten ihn etwa drei Kilometer durch die Stadt. Auf Nachfragen von Passanten sagten sie, James sei ihr Bruder. An einer Bahnlinie schlugen sie mit Ziegelsteinen und einer Eisenstange auf den Kleinen ein und schütteten ihm Farbe in die Augen. Sie ließen ihn auf den Gleisen liegen, wo er von einem Zug überrollt wurde.
2001 mit neuen Identitäten entlassen
Venables und Thompson
wurden 1993 zu einer Haftstrafe von unbestimmter Dauer verurteilt - "At Her
Majesty's pleasure", wie es in Großbritannien heißt. Im Jahr 2001 wurden sie
mit neuen Identitäten und unter strengen Bewährungsauflagen entlassen. Dem
Vernehmen nach hat Venables aber wiederholt gegen das Verbot verstoßen, nach
Liverpool zurückzukehren. Mit der Nachricht, dass Venables erneut in
Haft sitzt, ist das öffentliche Interesse an dem Fall schlagartig wieder
erwacht. Premierminister Gordon Brown erklärte, er habe Verständnis für die
verbreitete Entrüstung, aber aus rechtlichen Gründen könnten zum jetzigen
Zeitpunkt keine weiteren Informationen veröffentlicht werden.
Die Mutter des ermordeten James wurde zwar von einer Bewährungshelferin über Venables' Inhaftierung unterrichtet, Einzelheiten erfuhr sie aber auch nicht. "Ich habe sie mit Fragen bombardiert, aber sie hat alle abgeblockt", sagte Denise Fergus der "Daily Mail". Sie befürchte, dass Venables wieder einem Menschen, womöglich einem Kind, etwas zuleide getan haben könnte. "Mir gingen alle möglichen schrecklichen Gedanken durch den Kopf, immer noch, weil mir niemand sagen will, was er getan hat."