Augenzeugen berichten von Vorstoß Hunderter Rebellen: Hauptstadt ist "Schlachtfeld".
In der syrischen Hauptstadt Damaskus haben die Gefechte zwischen Regierungstruppen und Aufständischen bis in die frühen Morgenstunden des Montag angehalten. Hunderte Rebellen hätten sich Gefechte mit den Regierungstruppen geliefert, berichteten Aufständische. Einwohner sprachen von den heftigsten Kämpfen seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen vor 17 Monaten.
In den Straßen mehrerer Stadtteile waren nach Berichten aus Damaskus Gefechtslärm schwerer Waffen und Explosionen zu hören. Die Regierungstruppen schlossen nach Darstellung von Augenzeugen die Straße zum Flughafen. Auf Twitter berichteten Aktivisten, die oppositionelle Freie Syrische Armee sei bis in das Stadtzentrum vorgedrungen. Die Angaben waren zunächst nicht zu bestätigen.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London berichtete, die syrische Armee feuere Mörsergranaten auf Stadtteile, in denen sich Kämpfer der aus Deserteuren zusammengesetzten Freien Syrischen Armee verschanzt hätten. Besonders heftig seien die Kämpfe in den Vierteln Tadamon, Kafar Susse, Nar Aischa und Sidi Kadad gewesen. Mindestens sechs Zivilisten seien getötet worden.
Die Lokalen Koordinierungskomitees der Aufständischen berichteten von dichtem schwarzen Rauch über dem Stadtteil Tadamon und von lauten Explosionen in Nar Aischa. Der oppositionelle Syrische Nationalrat warf der syrischen Armee vor, Gegenden der Hauptstadt in ein "Schlachtfeld" verwandelt zu haben. "Die Revolution breitet sich aus und zieht die Schlinge um das Regime enger", sagte ein Sprecher in einer über arabische Satelliten-Sender verbreiteten Stellungnahme.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden am Sonntag in Syrien insgesamt 105 Menschen getötet - 48 Zivilisten, 16 Rebellen und 41 Soldaten. Die Beobachtungsstelle beziffert die Gesamtzahl der Toten seit dem Beginn des bewaffneten Aufstandes im März 2011 auf mehr als 17.000. Weltweit für Empörung gesorgt hatte zuletzt der Angriff der syrischen Armee auf die zentralsyrische Ortschaft Tremseh, bei dem laut Menschenrechtsaktivisten mehr als 150 Menschen getötet wurden.
Im Bemühen um ein geschlossenes Auftreten der internationalen Gemeinschaft im Syrien-Konflikt reist UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon am Montag nach China, während der Sonderbeauftragte Kofi Annan sich zu Gesprächen mit der russischen Führung nach Moskau begibt. Am Veto Russlands und Chinas waren bisher zwei UNO-Resolutionen zu Syrien gescheitert, mit denen der Westen den Druck auf Syriens Präsident Bashar al-Assad erhöhen wollte.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach am Sonntag erstmals inzwischen von einem "nicht-internationalen bewaffneten Konflikt" - eine juristische Bezeichnung, die einen Bürgerkrieg meint. Die Einschätzung des IKRK könnte zu einer späteren Verfolgung von Kriegsverbrechen durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beitragen.
Botschaft sicher
Die österreichische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus ist von den schweren Kämpfen in der vergangenen Nacht und in den frühen Morgenstunden nicht betroffen gewesen. Das bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Nikolaus Lutterotti. Das Botschaftspersonal habe zwar Artilleriebeschuss gehört, die Entfernung habe jedoch etwa vier bis fünf Kilometer betragen.
Konkrete Pläne, die Botschaft zu schließen, gibt es laut dem Außenministeriums-Sprecher nach wie vor nicht: "Wir führen Gespräche und evaluieren laufend die Gefahrenlage. Derzeit bleibt die Botschaft in Damaskus aber offen." Andere Staaten, darunter Frankreich, die Türkei und Großbritannien, haben ihre Botschaften wegen der Sicherheitslage bereits geschlossen. Die Kämpfe der vergangenen Nacht waren laut Einwohnern die schwersten seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen vor 17 Monaten.