Schettino gibt zu, dass er mit dem Schiff eine "Verneigung" vollführen wollte.
Francesco Schettino, Kapitän des 2012 vor der toskanischen Insel Giglio havarierten Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia, hat am Dienstag erstmals seit Beginn des Prozesses gegen ihn vor Gericht ausgesagt. Fast eineinhalb Jahre nach Start des strafrechtlichen Verfahrens in der toskanischen Stadt Grosseto antwortete der Kapitän auf Fragen der Staatsanwälte und des Gerichtspräsidenten zur Havarie.
"Die Verneigung" endet tragisch
Der Kapitän, von 2006 bis zum Unglück im Dienst der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere, Betreiberin der Costa Concordia, rechtfertigte die gefährliche Kursänderung des Schiffs. Er bestätigte, dass er vor der Insel ein "Die Verneigung" genanntes Manöver vorführen wollte, bei dem das Schiff mit voller Beleuchtung und Sirenen die Küstenbewohner grüßt. Damit wollte Schettino einen befreundeten Kapitän grüßen, der sich auf der Insel befand, und zugleich den Passagieren an Bord die Insel von der Nähe zeigen. Er sei als Kapitän nicht verpflichtet gewesen, die Reederei über seine Pläne zur Kursänderung zu informieren. Während des Manövers war das Schiff gegen einen Felsen geprallt.
Der 54-jährige Kapitän, der im grauen Anzug erschien und bei seiner Aussage von den Fernsehteams nicht gefilmt werden wollte, dementierte, dass er sich zur "Verneigung" entschlossen habe, um seine Ex-Geliebte, die Moldawierin Domnica Tschemortan, zu beeindrucken. Diese hatte sich zum Zeitpunkt des Unglücks auf der Kommandobrücke des Kreuzfahrtschiffes aufgehalten. Schettino berichtete, es sei normal, Gruppen von Passagieren auf die Kommandobrücke einzuladen, damit sie bei Manövern des Kapitäns zusehen können.
Gequälter Schettino
Schettino erklärte, dass ihn die Bilder des Unglücks immer noch quälen. "Man hätte dieses Unglück verhindern können", versicherte der Kapitän. Seine Anwälte betonten, dass die 32 Todesopfer nicht eine Folge des Unfalls, sondern struktureller Probleme auf dem Schiff gewesen seien, von denen ihr Mandant nicht informiert war, wie etwa dem Fehlen eines Stromgenerators. Strukturelle Mängel des Schiffes hätten die Evakuierung der Passagiere wesentlich erschwert, betonten die Anwälte.
Schettinos Anwalt Fabio Targa betonte, dass sich Schettino stets um die Klärung der Hintergründe der Havarie bemüht habe. "Er hat sich seiner Verantwortung vor Gericht nicht entzogen. Das ist kein Prozess gegen einen Mörder oder einen Kriminellen, sondern gegen eine anständige Person", sagte Schettinos zweiter Anwalt, Domenico Pepe. Anders sah die Lage Staatsanwalt Francesco Verusio. Dem Kapitän drohen mindestens 20 Jahre Haft.
Schwere Vorwürfe
Der Süditaliener, der auch am Mittwoch vor Gericht aussagen wird, muss sich seit Juli 2013 unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Verursachung von Umweltschäden verantworten. Ihm wird vorgeworfen, das Schiff zu früh verlassen zu haben. Schettino hatte stets seine Unschuld beteuert. Er hatte widersprüchliche Angaben über sein Verhalten in der Unglücksnacht gemacht, beispielsweise hatte er gesagt, "aus Versehen" in ein Rettungsboot gerutscht zu sein und die Evakuierung von einem Felsen aus geleitet zu haben.
© AFP
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Die Costa Concordia war am 13. Jänner vor drei Jahren vor der toskanischen Insel Giglio auf einen Felsen aufgelaufen und havariert, 32 Menschen starben. An Bord befanden sich auch 77 Österreicher, die sich retten konnten. Am Montag hatte Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, der sich an Bord des havarierten Schiffes befand, beim Prozess in Grosseto als Zeuge ausgesagt.
Urteil im Jänner
Nach Schettinos Aussage tritt der Prozess gegen den Kapitän in die Endphase. Zu einem Urteil könnte es bereits im Jänner kommen. Der Prozess hatte im Juli 2013 begonnen, war aber immer wieder unterbrochen worden. Das Wrack der "Costa Concordia" wurde im Juli zum Verschrotten nach Genua geschleppt.