ÖSTERREICH-Interview

Schwarzenberg: "Putin agiert wie Hitler"

02.03.2014

Tschechiens Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg über Präsident Putin.

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In einem Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH vergleicht der ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, 76, den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Adolf Hitler:

ÖSTERREICH: Sie vergleichen Putin mit Adolf Hitler…
Karel Schwarzenberg: Als Hitler den Anschluss Österreichs wollte, hat er erklärt, dass Deutsche in Österreich unterdrückt werden. Als er die Abtrennung der böhmischen Grenzgebiete erzwingen wollte, berief er sich darauf, dass Deutsche in der Tschechoslowakei verfolgt werden. So war es auch in Polen. Das, was jetzt auf der Krim passiert, ist eine Wiederholung der Geschichte. Putin agiert nach demselben Prinzip wie Adolf Hitler. Weil er auf der Krim einmarschieren wollte, brauchte er eine Ausrede, erklärte, dass seine Landsleute unterdrückt werden. Dabei wurde Russen auf der Krim kein Haar gekrümmt, die haben unbeschadet existiert. Nicht einmal ein Schatten von Unterdrückung war vorhanden.

ÖSTERREICH: Was will Präsident Putin?
Schwarzenberg: Es geht ihm doch nur um Macht und um nichts anderes. Putin sagt immer, dass der Zerfall der Sowjetunion die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts gewesen sei, ein kühner Vergleich. Er ist in der Sowjetunion aufgewachsen, das hat ihn geprägt. Für ihn war die Sowjetunion die große Weltmacht, von Erfurt bis nach Wladiwostok. Was soll man von so einem Mann anderes erwarten?

ÖSTERREICH: Wie wird es jetzt weitergehen?
Schwarzenberg: Es wird sehr davon abhängen, wie die Westmächte regieren werden.

ÖSTERREICH: Was soll Europa tun?
Schwarzenberg: Hoffentlich verlässt Europa nicht der Mut. Brüssel muss mit Putin verhandeln, ihm klarmachen, dass ein derartiger Rechtsbruch, wie er jetzt geschehen ist, nicht durchgehen kann. Das muss klargestellt werden.

ÖSTERREICH: Rechnen Sie mit der Spaltung der Ukraine?
Schwarzenberg: Wenn russische Truppen tatsächlich einmarschieren, dann wird es dazu kommen. Solange das nicht passiert wird keine Spaltung geschehen. Auch die Ostukraine wünscht sich keinen Anschluss an Moskau, schon gar nicht die dort lebenden Oligarchen. Die haben keine Lust, ein Michail-Chodorkowski-Schicksal zu erleiden (Putin steckte Chodorkowski 10 Jahre ins Straflager). Für die Ukraine ist ein Naheverhältnis zu Russland gut, Putin-Untertan will aber keiner sein.

ÖSTERREICH: Könnte Kiew eine Abspaltung der Krim verkraften?
Schwarzenberg: Wenn Österreich morgen Vorarlberg verlieren würde, wäre das für Wien auch verkraftbar.

ÖSTERREICH: Was halten Sie von der Übergangsregierung in Kiew?
Schwarzenberg:
Eine Übergangsregierung hat stets einen mühsamen Stand, es gibt sehr viele Kräfte, die diese Regierung schwächen wollen.

ÖSTERREICH: Was würden Sie Putin jetzt raten?
Schwarzenberg: Er muss die neue Regierung in Kiew anerkennen und einen Kompromiss über die Krim aushandeln, der die Souveränität der Ukraine nicht berührt.

Autor: Karl Wendl

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