Der russische Präsident stabilisiere mit seiner Politik ganze Region.
Die weitgehende Einhaltung der Waffenruhe in der Ostukraine ist von erneuten scharfen Äußerungen auf diplomatischer Ebene überschattet worden. Nachdem am Mittwoch keine der Konfliktparteien neue Todesopfer gemeldet hatte, warf US-Außenminister John Kerry Russland vor, mit "Landeinnahmen zu versuchen, die Ukraine zu destabilisieren".
Aggressionen
Die NATO warnte unterdessen vor einer russischen Aggression in der Republik Moldau, die zwischen der Ukraine und Rumänien liegt. Der NATO-Oberbefehlshaber in Europa, Philip Breedlove, warf dem russischen Staatschef Wladimir Putin vor, in der Ostukraine schweres Gerät zu stationieren.
Kerry äußerte sich vor dem Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses und sagte, weder die prorussischen Separatisten noch die russische Regierung hielten sich an das Minsker Friedensabkommen. Russlands Präsident Putin verfolge außerdem eine Politik, "die alle internationalen Normen" zum Respekt territorialer Integrität verletze. Er warf ihm vor, in den Gebieten Luhansk (Lugansk), Donezk und zuletzt Debalzewe "Landeinnahmen direkt erlaubt, dazu ermutigt und sie erleichtert" zu haben.
Breedlove sprach indes von "über tausend Kampffahrzeugen, russischen Truppen" sowie "Luftverteidigung und Artillerie", die Russland in der Ostukraine in Stellung gebracht habe. Putin habe damit die militärische Latte "sehr hoch" gehängt, sagte Breedlove vor Journalisten im Pentagon.
Zuvor hatte er vor dem Verteidigungsausschuss des US-Repräsentantenhauses bereits vor einer russischen Aggression in der Republik Moldau gewarnt. Die im abtrünnigen Gebiet Transnistrien stationierten russischen Truppen seien dort, "um Moldau von einer Annäherung an den Westen abzuhalten", sagte er. Moskau betreibe dort bereits eine "breite Informationskampagne".
Die etwa 3,5 Millionen Einwohner zählende Republik Moldau liegt als Binnenstaat zwischen der Ukraine und Rumänien. Zuletzt gewannen proeuropäische Kräfte die Parlamentswahl. Transnistrien an der Grenze zur Ukraine hatte im Jahr 1990 seine Unabhängigkeit von Moldau erklärt. Der Großteil der dortigen Bevölkerung ist russischsprachig. Seit mehr als 20 Jahren sind russische Truppen in Transnistrien stationiert.
Bereits Mitte Februar sollte eigentlich gemäß des Minsker Abkommens eine Waffenruhe in Kraft treten. Jedoch war seitdem weiter gekämpft worden, insbesondere um die Stadt Debalzewe, die die prorussischen Separatisten schließlich einnahmen. Am Mittwoch verzeichneten beide Seiten dann erstmals eine relative Ruhe, zudem erklärten die Aufständischen, sie hätten mit dem Abzug schwerer Waffen begonnen.
Die Entsendung britischer Militärausbildner nach Kiew löste wiederum in Russland Empörung aus. Die von Premierminister David Cameron angekündigte Maßnahme beweise, dass die NATO bereits am Ukrainekonflikt beteiligt sei, kritisierte der russische Botschafter in London, Alexander Jakowenko, am Mittwoch. Am gleichen Tag startete Russland - einen Tag nach der Teilnahme westlicher Länder an einer Militärparade zum estnischen Unabhängigkeitstag - ein mehrtägiges Manöver an der Grenze zu Estland und Lettland. Die Übungen mit rund 2.000 Soldaten in der Region Pskow seien bis Samstag vorgesehen, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Einer der Höhepunkte wird demnach der Massenabsprung von Fallschirmjägern sein.
Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis (Iohannis) kritisierte wiederum die russlandfreundliche Position des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und verlangte mit Blick auf den Ukraine-Konflikt mehr NATO-Präsenz in seinem Land. "Das ist schon ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt, was die ungarischen Nachbarn da in der Beziehung mit Russland (...) tun", sagte er dem ARD-Hörfunk. Johannis wird am Donnerstag von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin empfangen. Bei dem Treffen dürfte es ebenfalls um den Ukraine-Konflikt und die Lage in Moldau gehen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagte der Ukraine im Kampf gegen einen Verfall der einheimischen Währung Unterstützung zu. Der IWF erklärte am Mittwochabend, er stehe dazu bereits im engen Kontakt mit der ukrainischen Notenbank. Diese hatte unmittelbar zuvor ihr Verbot zum Kauf ausländischer Währungen für Banken nach nur wenigen Stunden wieder gekippt. Die Landeswährung Hryvnia (Griwna) hat seit Jahresbeginn die Hälfte ihres Wertes verloren. Eine Ursache dafür ist der brüchige Waffenstillstand im Osten des Landes, der eine Stabilisierung der Wirtschaft erschwert.