Rund 200 Sicherheitskräfte haben Ukrainisches Haus verlassen.
Nach dem gescheiterten Kompromiss zwischen der ukrainischen Staatsführung und der prowestlichen Opposition haben die Regierungsgegner in Kiew ihre Proteste fortgesetzt. Die Demonstranten hätten das Kongresszentrum in der Nähe des Europaplatzes fest in ihrer Hand, teilte am Sonntag die Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko mit. Wie das ukrainische Fernsehen berichtete, verließen rund 200 Sicherheitskräfte das Ukrainische Haus am Sonntag über einen Seiteneingang. Laut Innenministerium ist eine "Reserveeinheit" der Sicherheitskräfte aus dem früheren Lenin-Museum abgezogen worden.
Damit hätte eine Eskalation der Lage vermieden werden sollen. Die Sicherheitskräfte hätten sich nicht provozieren lassen und mit "Zurückhaltung" reagiert, erklärte das Ministerium.
Oppositionsführer Vitali Klitschko, der sich vor Ort aufhielt, bestätigte die Einnahme des Gebäudes. "Das Ukrainische Haus wurde ohne Blutvergießen eingenommen", sagte er der Nachrichtenagentur Interfax. Seinen Angaben zufolge wollen die Regierungsgegner das Gebäude jedoch nicht selbst nutzen, sondern nur die Eingänge bewachen, damit die Sicherheitskräfte nicht zurückkehren können.
Das weitgehend leer stehende Gebäude, das während der Proteste von den Sicherheitskräften als Quartier genutzt wurde, war in der Nacht von etwa 2.000 Demonstranten angegriffen worden. Einige drangen in das Gebäude ein und warfen Molotowcocktails, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Die Polizisten setzten Wasserwerfer und Blendgranaten ein. Zahlreiche Fensterscheiben wurden zertrümmert.
Fernsehberichten zufolge waren in der Früh noch Hunderte Demonstranten vor Ort, die Lage hatte sich jedoch beruhigt. "In den Büros wird Essen und heißer Tee ausgegeben, hier können sich unsere Kampfgenossen aufwärmen", sagte eine Sprecherin der Regierungsgegner. In Kiew herrschte am Sonntag in der Früh strenger Frost bei etwa minus 20 Grad. Auch in der nahegelegenen Gruschewski-Straße, einem der Hauptschauplätze der Proteste, war es nach Angaben eines AFP-Korrespondenten weitgehend ruhig.
Die Opposition hatte am Samstagabend ein Angebot von Präsident Viktor Janukowitsch ausgeschlagen, sich an der Regierung zu beteiligen. Ministerpräsident sollte dem Vorschlag zufolge Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten früheren Regierungschefin Julia Timoschenko werden. Klitschko sollte das Amt des Vizeregierungschefs übernehmen. Die Opposition verlangt jedoch weiterhin Janukowitschs Rücktritt und Präsidentenwahlen noch in diesem Jahr.